Übersicht zur Gründung einer Genossenschaft

Von David Ehlebracht, Zürich, 8. Januar 2021

1. Zielsetzung

In diesem Dokument soll übersichtsweise gezeigt werden, wie eine Genossenschaft gegründet werden kann.

2. Die Genossenschaft

2.1 Allgemeines

In grundsätzlicher Weise werden an eine Genossenschaft die folgenden Anforderungen gestellt, damit diese ins Handelsregister eingetragen werden kann:

  1. Es müssen mindestens sieben Genossenschafterinnen und Genossenschafter an der Gründung beteiligt sein (Art. 831 Abs. 1 OR). Mindestens drei Genossenschaften müssen an der Gründung eines Genossenschaftsverbandes beteiligt sein (Art. 921 OR).
  2. Der Zweck muss in der Hauptsache in der Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen der Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe liegen(Art. 828 OR), oder gemeinnützig ausgerichtet sein (vgl. dazu das Kapitel zur Verankerung des Zwecks im Memorandum zur Wirkungsverankerung).

2.2 Verfassen der Statuten (Link zum Statutenbaukasten folgt)

Die Statuten stellen das grundlegende Dokument der Genossenschaft dar. Haben sich die Gründer für die Rechtsform der Genossenschaft entschieden, so müssen als erstes die Statuten sorgfältig und wohlüberlegt abgefasst werden (siehe dazu <Link zum Baukasten>).

Die Statuten einer Genossenschaft müssen gemäss Art. 832 OR zwingend Bestimmungen enthalten über:

  1. den Namen (die sogenannte «Firma») und den Sitz der Genossenschaft;
  2. den Zweck der Genossenschaft;
  3. eine allfällige Verpflichtung der Genossenschafter zu Geld- oder andern Leistungen sowie deren Art und Höhe;
  4. die Organe für die Verwaltung und für die Revision sowie die Art der Ausübung der Vertretung;
  5. in welcher Form Bekanntmachungen, die von der Genossenschaft ausgehen, erfolgen sollen

Damit Bestimmungen über die nachfolgenden Themengebiete verbindlich festgelegt werden können, müssen sie gemäss Art. 833 OR ebenfalls in die Statuten aufgenommen werden:

  1. Vorschriften über die Schaffung eines Genossenschaftskapitals durch Genossenschaftsanteile. Diese sind durch sogenannte Anteilscheine verbrieft
  2. Bestimmungen über nicht durch Einzahlung geleistete Einlagen auf das Genossenschaftskapital (Sacheinlagen), deren Gegenstand und deren Anrechnungsbetrag, sowie über die Person des einlegenden Genossenschafters;
  3. Bestimmungen über Vermögenswerte, die bei der Gründung übernommen werden, über die hierfür zu leistende Vergütung und über die Person des Eigentümers der zu übernehmenden Vermögenswerte;
  4. von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vorschriften über den Eintritt in die Genossenschaft und über den Verlust der Mitgliedschaft;
  5. Bestimmungen über die persönliche Haftung und die Nachschusspflicht der Genossenschafter;
  6. von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vorschriften über die Organisation, die Vertretung, die Abänderung der Statuten und über die Beschlussfassung der Generalversammlung;
  7. Beschränkungen und Erweiterungen in der Ausübung des Stimmrechtes;
  8. Bestimmungen über die Berechnung und die Verwendung des Reinertrages und des Liquidationsüberschusses.

2.3 Vorprüfung der Statuten durch das zuständige Handelsregisteramt

Die Statuten können, bevor sie anlässlich der konstituierenden Generalversammlung beschlossen werden, dem zuständigen Handelsregisteramt zur Vorprüfung vorgelegt werden, so dass die Genossenschaft nach der Gründungsversammlung sodann direkt ins Handelsregister eingetragen werden kann.

Im Kanton Zürich können die Statuten sowie weitere Eintragungsbelege beim Handelsregister unter kanzlei.hra@ji.zh.ch zur Vorprüfung eingereicht werden, wobei dafür Kosten entstehen.

Die Statuten, welche im Statutenbaukasten abrufbar sind, wurden bereits vom Handelsregisteramt des Kantons Zürich vorgeprüft.

2.4 Durchführung einer konstituierenden Generalversammlung inklusive Bestellung der Organe

Damit eine Genossenschaft gegründet werden kann, muss eine Gründungsversammlung abgehalten werden. Dieser Versammlung geht die Einladung zur selbigen voraus, welcher der Statutenentwurf sowie ein Vorschlag zur Zusammensetzung der Verwaltung beiliegen muss. Für die Gründung braucht es mindestens sieben Genossenschafter, die natürliche oder juristische Personen sein können. Bei der Versammlung müssen die Gründer und Gründerinnen erklären, dass sie eine Genossenschaft gründen, die Statuten beschliessen und die Organe bestellen.

Zu den Organen, die bestellt werden müssen, gehört die Verwaltung mit mindestens drei Mitgliedern. Die Mitglieder der Verwaltung müssen, nachdem sie gewählt wurden, eine Wahlannahmeerklärung unterzeichnen. Je nach Statuten wird zudem auch die Geschäftsführung durch die Generalversammlung gewählt. Die Mitglieder der Geschäftsführung können ebenfalls zeichnungsberechtigt sein.

Die Generalversammlung ist zusätzlich für die Wahl einer Revisionsstelle verantwortlich. Sie kann von der Wahl einer Revisionsstelle dann absehen, wenn sie sich in zulässiger Weise für ein Opt-Out, d.i. der Verzicht auf eine Revisionsstelle, entscheidet. Ein Opt-Out kann gemäss Art. 906 Abs. 1 OR in Zusammenhang mit Art. 727a OR erfolgen, wenn die Gründer feststellen können:

  • dass die Genossenschaft die Voraussetzungen für die Pflicht zur ordentlichen Revision nicht erfüllt (vgl. dazu Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 2 OR),
  • die Genossenschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat und
  • alle Gründer mit dem Verzicht auf eine eingeschränkte Revision einverstanden sind.

Falls ein Grundkapital vorgesehen ist, zeichnen und liberieren die Gründer ihre Anteilscheine. Bei der Gründung muss derzeit noch kein Notar anwesend sein, welcher die Gründungsversammlung öffentlich beurkundet. Das Parlament hat indessen im Rahmen der Aktienrechtsrevision, welche voraussichtlich im Jahr 2022 in Kraft treten wird, beschlossen, dass die Gründer neu in öffentlicher Urkunde erklären müssen, eine Genossenschaft zu gründen und darin die Statuten und die Organe festlegen müssen. Die bisher in Art. 830 OR statuierte, konstituierende Generalversammlung hat folglich mit Inkrafttreten des Art. 830 revOR neu vor einem Notar stattzufinden.

Das Protokoll der Generalversammlung muss zwingend die folgenden Punkte enthalten (Art. 85 HRegV):

  1. die Personenangaben zu den Gründerinnen und Gründern sowie zu deren Vertreterinnen und Vertretern;
  2. die Erklärung der Gründerinnen und Gründer, eine Genossenschaft zu gründen;
  3. die Bestätigung der Gründerinnen und Gründer, dass die Statuten festgelegt sind;
  4. gegebenenfalls die Tatsache, dass der schriftliche Bericht der Gründerinnen und Gründer über Sacheinlagen oder Sachübernahmen der Versammlung bekannt gegeben und von dieser beraten wurde;
  5. die Wahl der Mitglieder der Verwaltung sowie die entsprechenden Personenangaben;
  6. die Tatsache, dass die Revisionsstelle gewählt wurde, beziehungsweise den Verzicht auf eine Revision;
  7. die Unterschriften der Gründerinnen und Gründer.
  8. die Feststellung der Gründerinnen und Gründer, dass keine anderen Sacheinlagen, Sachübernahmen und beabsichtigten Sachübernahmen, Verrechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen als die in den Belegen genannten.

2.5 Durchführung einer konstituierenden Verwaltungssitzung

Sehen die Statuten vor, dass sich die Verwaltung selber konstituiert, so muss anlässlich der Durchführung einer konstituierenden Verwaltungssitzung beschlossen werden, wer das Präsidium innehat, wer bzw. wie Protokoll geführt wird und wie die Zeichnungsberechtigung zu regeln ist.

2.6 Anmeldung beim zuständigen Handelsregisteramt

Mit der Eintragung ins Handelsregister erhält eine Genossenschaft das Recht der Persönlichkeit und wird handlungsfähig. Die Genossenschaft muss deshalb beim Handelsregisteramt des Kantons, in welchem die Genossenschaft ihren Sitz haben soll, angemeldet werden. Damit der Handelsregisterbeamte die Genossenschaft eintragen kann, müssen dem Handelsregisteramt gemäss Art. 84 HRegV die folgenden Belege eingereicht werden:

  1. das Protokoll der konstituierenden Versammlung (siehe oben);
  2. die von einem Mitglied der Verwaltung unterzeichneten Statuten;
  3. ein Nachweis, dass die Mitglieder der Verwaltung ihre Wahl angenommen haben;
  4. gegebenenfalls ein Nachweis, dass die gesetzlich vorgeschriebene Revisionsstelle ihre Wahl angenommen hat;
  5. bei Bestellung zur Vertretung berechtigter Personen: der entsprechende Beschluss der konstituierenden Versammlung oder der Verwaltung. Diese Personen können sodann Verträge abschliessen und im Namen der Genossenschaft handeln. Sie können die Genossenschaft entweder alleine oder kollektiv zu zweien verpflichten.
  6. Verfügt eine Genossenschaft über kein Rechtsdomizil an ihrem Sitz, so muss im Eintrag angegeben werden, bei wem sich das Rechtsdomizil an diesem Sitz befindet (c/o-Adresse); es muss sodann eine Erklärung der Domizilhalterin oder des Domizilhalters beim Handelsregisteramt eingereicht werden, dass sie oder er der Gesellschaft ein Rechtsdomizil am Ort von deren Sitz gewährt;
  7. die Lex Friedrich-Erklärung, in welcher die Gründer und Gründerinnen angeben, dass die Gesellschaft keine Grundstücke in der Schweiz, keine Teile davon oder Rechte daran bzw. keine anderen Grundstücke als die in der Anmeldung angegebenen, im Sinne von Art. 4 BewG erwirbt oder zu erwerben beabsichtigt.
  8. falls die Statuten eine persönliche Haftung oder Nachschusspflicht vorsehen: das von einem Mitglied der Verwaltung unterzeichnete Verzeichnis der Genossenschafterinnen und Genossenschafter.

Gemäss Art. 84 Abs. 2 HRegV ist für Angaben, die bereits im Protokoll der konstituierenden Versammlung festgehalten sind, kein zusätzlicher Beleg erforderlich.

Bestehen Sacheinlagen oder Sachübernahmen, so müssen gemäss Art. 84 Abs. 3 HRegV zusätzlich folgende Belege eingereicht werden:

  1. die Sacheinlageverträge mit den erforderlichen Beilagen;
  2. Sachübernahmeverträge mit den erforderlichen Beilagen;
  3. der von allen Gründerinnen und Gründern unterzeichnete Gründungsbericht.