Statutenbaukasten Genossenschaften
Mithilfe dieses Statutenbaukastens soll Gründerinnen und Gründern ein Werkzeug an die Hand gegeben werden, um ihre Genossenschaftsstatuten selbständig verfassen zu können. Auf dieser Seite finden sich Musterstatuten, welche abschnittsweise jeweils kommentiert werden.
Du interessierst dich für andere Rechtsformen?
Die Genossenschaft ist, gemeinsam mit dem Verein, eine der liberalsten Rechtsformen, welche im schweizerischen Kanon der Gesellschaftsformen zur Verfügung steht. Dies bedeutet, dass es in ihr zahlreiche Möglichkeiten zur statutarischen Ausgestaltung gibt. Diese Möglichkeiten sollen nachfolgend erläutert werden.
Genossenschaften (französisch: société coopérative) haben die Förderung und Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder zum Ziel. Für Letztere resultieren aufgrund der Tätigkeit und des Bestehens der Genossenschaft unmittelbare wirtschaftliche Vorteile. Die Tätigkeit der Genossenschaft erfolgt durch das persönliche Zusammenwirken der Genossenschafter:innen. Die Genossenschafter:innen sind in der Genossenschaft zwingend zu einer Beitragsleistung in Form von Kapital und/oder Arbeit verpflichtet.
Grundsätzlich (neue Bestimmungen)
Bis anhin bedurften Statutenänderungen in der Genossenschaft keiner öffentlichen Beurkundung. Jede Statutenänderung musste jedoch auch bereits bisher ins Handelsregister eingetragen werden. Gemäss Art. 830 revOR, welcher per 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, bedarf es zur Errichtung einer Genossenschaft neu allerdings einer öffentlichen Urkunde, in welcher die Gründer:innen erklären, eine Genossenschaft zu gründen. Darin werden die Statuten und die Organe festgelegt. Gemäss Art. 838a revOR sind zudem neu Beschlüsse der Generalversammlung oder der Verwaltung über eine Änderung der Statuten ebenfalls öffentlich zu beurkunden und ins Handelsregister einzutragen.
Gesellschaftsvertrag
Aufgrund der Vertragsfreiheit sind die Genossenschafter:innen frei, sich untereinander vertraglich zu binden. Sinn und Zweck eines Gesellschaftervertrags ist es, dass gewisse Themen aufgrund berechtigter Geheimhaltungsinteressen (bspw. betreffend das Stimmverhalten der Genossenschafter:innen) nicht in die Statuten aufgenommen werden sollen oder aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht aufgenommen werden dürfen.
Beim Abschluss solcher Verträge ist der Treuepflicht gegenüber der Genossenschaft Rechnung zu tragen. Es dürfen deshalb keine den Genossenschaftszweck hindernden Bestimmungen in den Vertrag aufgenommen werden.
Nebst der Genossenschaft sind auch noch andere Rechtsformen für dein wirkungsorientiertes Unternehmen geeignet. Mehr Infos in unserer Toolbox unter Gründung & Wirkungsverankerung.
Nachfolgend werden die Statuten einer Genossenschaft abschnittsweise aufgelistet mit den jeweiligen Kommentaren und Bezügen zum Thema Wirkgunsverankerung.
1 Firma, Sitz & Zweck
Unter der Firma "[Name]" besteht auf unbestimmte Dauer eine Genossenschaft im Sinne der Art. 828 ff. des Schweizerischen OR mit Sitz in [Ort].
[Individueller Zweckbeschrieb]
Kommentar: Die Statuten einer Genossenschaft müssen eine Bestimmung über den Zweck der Genossenschaft enthalten (Art. 832 Ziff. 2 OR). In inhaltlicher Hinsicht wird die Festlegung des Zwecks durch Art. 828 Abs. 1 OR beschränkt. Demgemäss ist die Genossenschaft eine als Körperschaft organisierte Verbindung einer nicht geschlossenen Zahl von Personen oder Handelsgesellschaften, die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt oder die gemeinnützig ausgerichtet ist. Themenkreis Wirkungsverankerung: Der Begriff der ideellen oder auch idealen Zweckverfolgung wird zivilrechtlich im Vereinsrecht in Art. 60 Abs. 1 ZGB definiert. Als ideell werden dort beispielhaft diejenigen Zwecke definiert, welche politisch, religiös, wissenschaftlich, künstlerisch, wohltätig, gesellig oder anderweitig nicht wirtschaftlich sind. Ein rein ideeller Zweck ist in der Genossenschaft nicht zulässig. Das Bundesgericht (BGE 80 II 75) sowie die Lehre (BSK OR II-Baudenbacher, Art. 828 Rz. 159) gehen aber davon aus, dass ideelle, d.h. nichtwirtschaftliche Zwecke, durch die Genossenschaft in untergeordneter Art und Weise ebenfalls verfolgt werden können (BK OR-Forstmoser, Art. 828 Rz. 67). Umstritten ist, ob die ideelle Zweckverfolgung der wirtschaftlichen äquivalent sein oder gar überwiegen darf. Dem Wortlaut des Art. 828 Abs. 1 OR folgend ("…in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen"), ist eine Überordnung des ideellen Zwecks nicht zulässig. Betreffend die Frage, ob eine Gleichordnung des ideellen und des wirtschaftlichen Zwecks zulässig ist, herrscht in der Lehre keine Einigkeit (ein zwingendes Überwiegen des wirtschaftlichen Zwecks u.a. befürwortend: BSK OR II-Baudenbacher, Art. 828 N. 15; CHK OR-Courvoisier, Art. 828 N. 5; eine Gleichordnung u.a. zulassend: nOFK OR-Natsch, N. 8.). Dem Gesetzeswortlaut folgend sollte der wirtschaftliche gegenüber dem ideellen Zweck in der Gewichtung aber zumindest leicht überwiegen. Eine Ausnahme bilden Genossenschaften mit ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken. Diese Genossenschaften sind gemäss Art. 828 Abs. 1 OR zulässig. Qualifiziert eine Genossenschaft als gemeinnützig, so muss ihre Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegen. Der Begriff der Gemeinnützigkeit ist im eigentlichen Sinne ein steuerrechtlicher. Es können deshalb die Kriterien, welche im Steuerrecht entwickelt wurden, für diese Definition herbeigezogen werden (Champeaux, Bericht 2004, S. 51, zit. in: SHK HRegV-Krähenbühl, Art. 86 Rz. 12.): - „Keine Gewinnstrebigkeit: Allfällige Gewinne dürfen nicht ausgeschüttet werden, sondern sind im Sinne des Zwecks zu reinvestieren; - Uneigennützigkeit: Die Genossenschaft bzw. die Genossenschafter dürfen im Sinne eines altruistischen Zieles keinerlei Vorteile aus der Tätigkeit erlangen; - Offener Destinatärskreis: Jedermann kann in den Genuss der Leistungen der Genossenschaft kommen." (SHK HRegV-Krähenbühl, Art. 86 Rz. 12) Der Begriff der Gemeinnützigkeit im steuerrechtlichen Sinn und somit auch der Begriff im Sinne des Art. 828 Abs. 1 OR ist nach dem geltenden Recht und dem Verständnis der Lehre somit enger als der Begriff der ideellen Tätigkeit (Reich Markus, S. 476 in: ASA 58, 1989, Gemeinnützigkeit als Steuerbefreiungsgrund, S. 465 – 508). Die Genossenschafter haben deshalb, wenn sie die Wirkung im Zweck ihrer Genossenschaft verankern möchten, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass dieser Zweck in der Hauptsache wirtschaftlich sein sollte und nur in zumindest leicht untergeordneter Weise ideell sein darf. Eine Ausnahme bilden die gemeinnützigen Genossenschaften, bei denen auch ein rein ideeller Zweck vorliegen kann. Gemeinnützige Genossenschaften sind nicht gewinnstrebig, uneigennützig und haben einen offenen Destinatärskreis. Die Verankerung der Wirkung im Zweck ist rechtlich bindend. Der Zweck einer Gesellschaft wird durch die Eintragung im Handelsregister öffentlich. Die Verwaltung sowie die Geschäftsführung können gemäss Art. 899 Abs. 1 OR somit nur diejenigen Handlungen vornehmen, die der Zweck mit sich bringen kann. Wenn die Verwaltung und/oder die Geschäftsführung Handlungen vornimmt/vornehmen, welche ausserhalb des Zwecks liegen, so sind diese für die Gesellschaft unverbindlich. Es kann allerdings zu einer Bindung aus einem anderen Rechtsgrund, wie culpa in contrahendo, unerlaubter Handlung, ungerechtfertigter Bereicherung etc. kommen. Kommt aufgrund einer Handlung der Verwaltung / Geschäftsführung, welche ausserhalb ihrer Vertretungsmacht liegt, bspw. ein Vertrag zustande, so können beide Vertragsparteien jederzeit, sofern dem Rechtsmissbrauchsverbot in Art. 2 Abs. 2 ZGB Genüge getan wird, die fehlende Rechtsbindung des Vertrags geltend machen und die Erfüllung des nicht zustande gekommenen Vertrags verweigern. Hier kann von der externen Funktion des Zwecks gesprochen werden. Vom Zweck ausgeschlossene Handlungen können im Prinzip nicht rechtsgültig erfolgen. Die Genehmigung einer zweckwidrigen Handlung durch die Generalversammlung ist allerdings möglich. Es ist dafür eine Zweidrittelmehrheit gemäss Art. 888 Abs. 2 OR, welche auch zur Abänderung des Zwecks notwendig wäre, erforderlich. Können Handlungen aufgrund einer objektiven Betrachtung mit dem Zweck in Einklang gebracht werden, so sind sie vom Zweck erfasst. Auch die Generalversammlung ist an die Zweckgrenze gebunden. Sie kann den Zweck vor der Fassung eines dem bisherigen Zweck widersprechenden Beschlusses allerdings entsprechend abändern oder erweitern. Zweckwidrige Beschlüsse der Generalversammlung können angefochten werden. Dem Zweck kommt neben der externen auch eine interne Orientierungsfunktion zu. Organe und andere zur Vertretung befugte Personen, welche zu einem Handeln nach Treu und Glauben verpflichtet sind, haben sich stets zu fragen, ob ein Rechtsgeschäft nach Treu und Glauben als zweckkonform bzw. als den Zweck fördernd betrachtet werden darf. Intern, d.h. gegenüber der Generalversammlung sind die Organe verantwortlich dafür, dass ihre Handlungen den Zweck fördern. Genossenschaften können neben der Zweckbestimmung Leitsätze wie bspw. eine Charta, Prinzipien, eine Vision etc. in ihre Statuten mitaufnehmen, welche dem genossenschaftlichen Handeln weitere Orientierung geben können. Die Genossenschaften "Veloblitz" sowie die Genossenschaft "Wädichörbli" sind Genossenschaften, welche in ihren Leitsätzen eine solche weiterführende Verankerung der Wirkungsorientierung vorgenommen haben. Soziale Verantwortung, lokale Verankerung, respektvoller Umgang mit der Umwelt, Achtsamkeit, praktisches Lernen und Forschen, Förderung von Gemeinsinn, Würde und Toleranz etc. sind Prinzipien, welche durch die Leitsätze weitergehend in den Statuten verankert werden können. Die Verankerung der Wirkung im Zweck ist öffentlich wirksam und sowohl für die Verwaltung, die Geschäftsführung als auch die Generalversammlung verbindlich. Änderungen des Zwecks können allerdings nur durch eine Statutenänderung mit Generalversammlungsbeschluss unter Einhaltung einer Zweidrittelmehrheit erfolgen. Die weitere Verankerung in den Statuten durch Leitsätze ermöglicht es zudem, der Wirkungsorientierung der Genossenschaft weiteren Ausdruck zu verleihen. Die Verankerung der Wirkungsorientierung in den Statuten und insbesondere im Zweck mag für gewisse Genossenschaften, namentlich für Unternehmen, welche sich in der Start-Up-Phase befinden, aufgrund der erhöhten Hürden für eine Abänderung zu starr sein. Die Leitsätze können in diesen Unternehmen auch in einem flexibler anpassbaren Sideletter, auf den in den Statuten verwiesen werden kann, oder einem Genossenschaftervertrag, festgesetzt werden. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung fasst die Zweckgrenze weit auf. Dass Handlungen von Genossenschaften, welche die Wirkung im Zweck verankert haben, aufgrund fehlender Wirkungsorientierung als nichtig qualifizieren, wird deshalb nur sehr selten vorkommen. |
2 Mitgliedschaft
Natürliche und juristische Personen, Handelsgesellschaften, sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen oder des privaten Rechts, die gewillt sind, den Genossenschaftszweck zu fördern oder zu unterstützen, können Mitglied werden; jedes Mitglied muss mindestens einen Anteil halten.
Beitrittsgesuche sind schriftlich an die Verwaltung zu richten. Die Verwaltung entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder; sie kann diese Aufgabe delegieren. Kommentar: Gemäss Art. 839 Abs. 1 OR können in eine Genossenschaft jederzeit neue Mitglieder aufgenommen werden. Die Statuten können unter Wahrung des Grundsatzes der nicht geschlossenen Mitgliederzahl die näheren Bestimmungen über den Eintritt treffen; sie dürfen jedoch den Eintritt nicht übermässig erschweren (Art. 839 Abs. 2 OR). Der Eintritt kann von unterschiedlichen Bedingungen, welche in der Person des aufzunehmenden Genossenschafters liegen, abhängig gemacht werden. Denkbar sind bspw.: - Wohnort - Arbeitsplatz - Beruf bzw. Mitarbeiterstellung innerhalb der Genossenschaft - Wille zur Förderung des genossenschaftlichen Zwecks - Identifikation mit dem Genossenschaftszweck und den Leitsätzen - Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder eines Anteilscheines Über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet die Verwaltung. Statutarisch kann allerdings auch vorgesehen werden, dass eine blosse Beitrittserklärung genügt oder ein Beschluss der Generalversammlung nötig ist (Art. 833 Ziff. 4 OR). Auch juristische Personen und öffentlich-rechtliche Körperschaften können Mitglieder von Genossenschaften werden, sofern dies statutarisch nicht ausgeschlossen wird. Einer Person, welche in die Genossenschaft eintreten oder aufgenommen werden möchte, steht unabhängig der konkreten Aufnahmekriterien kein Klagerecht auf den Eintritt bzw. auf Aufnahme in die Genossenschaft zu. Das in den Statuten für den Aufnahmeentscheid eines neuen Genossenschafters vorgesehene Organ ist stets und ausschliesslich zuständig. Themenkreis Wirkungsverankerung: Die Aufnahme von neuen Mitgliedern kann somit von der Erfüllung statutarischer Eintrittsbedingungen abhängig gemacht werden. Diese Bedingungen können sachlicher oder persönlicher Natur sein. Infrage kommen beispielsweise ein ausdrückliches Anerkennen der Statuten, ein persönliches Bekenntnis zum Zweck oder eine ganz allgemein wirkungsorientierte Gesinnung und / oder Haltung des Genossenschafters. Die Bedingungen können im Einzelfall festgesetzt werden. Der Gesetzeswortlaut schreibt zudem vor, dass die Eintrittsbedingungen nicht übermässig erschwert werden dürfen. Wird das Gesuch eines Bewerbers auf Mitgliedschaft durch die Verwaltung oder die Generalversammlung abgewiesen, so steht ihm, ungeachtet des Grundsatzes der nicht geschlossenen Mitgliederzahl, allerdings keine Klage- oder Anfechtungsmöglichkeit gegen diesen Entscheid offen (BSK OR II-Schwartz, Art. 839 Rz. 5). Auch Statuten, welche eine Ablehnung ohne Begründung vorsehen, sind grundsätzlich zulässig (BSK OR II-Schwartz, Art. 839 Rz. 15). Die Eintrittsbedingungen können in den Statuten aufgeführt werden. Diese Aufführung muss allerdings nicht vollständig sein (BSK OR II-Schwartz, Art. 839 Rz. 12). In allgemeiner Weise müssen von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Vorschriften über den Eintritt in die sowie den Austritt aus der Genossenschaft in den Statuten festgeschrieben werden (Art. 833 Ziff. 5 OR). Ein Vorteil der Verankerung der Wirkungsorientierung bei den Eintrittsbedingungen ist, dass diese direkt bei den einzelnen Genossenschaftern ansetzen und eine derartige Verankerung folglich sehr konkret ist. Diese sind anschliessend als Genossenschafter dafür verantwortlich, die bezweckte Wirkung in die Tat umzusetzen. Ein Nachteil ist, dass die Überprüfung der persönlichen Eigenschaften der einzelnen, neu eintretenden Genossenschafter sich, insbesondere bei Genossenschaften mit vielen (Neu)mitgliedern als aufwendig herausstellen kann. Sollen zusätzliche Erfordernisse für neue Genossenschafter aufgenommen werden, so müssen diese jeweils durch eine Statutenänderung anlässlich der Generalversammlung festgesetzt werden. Kommentar: Bei Genossenschaften mit Genossenschaftsanteilen und damit einem Genossenschaftskapitel (damit Vorschriften über die Schaffung eines Genossenschaftskapitals durch Genossenschaftsanteile gültig sind, müssen sie in die Statuten aufgenommen werden (Art. 833 Ziff. 1 OR)), muss jeder der Genossxenschaft Beitretenden mindestens einen Genossenschaftsanteil übernehmen (Art. 853 Abs. 1 OR). Diese Mindestvorschrift ist zwingend und kann statutarisch nicht wegbedungen werden. Die Statuten können aber bestimmen, dass bis zu einer bestimmten Höchstzahl mehrere Genossenschaftsanteile erworben werden dürfen (Art. 853 Abs. 2 OR). Die Lehre geht davon aus, dass auch eine Statutenbestimmung, welche den Erwerb mehrerer Genossenschaftsanteile vorschreibt, gültig ist (BSK OR II-Nigg, Art. 852 und 853 Rz. 7). Sehen die Statuten keine Begrenzung vor, so ist zudem auch die freiwillige Übernahme weiterer Anteile unbeschränkt möglich (BSK OR II-Nigg, Art. 852 und 853 Rz. 12). Die Verwaltung kann ausnahmsweise eine Liberierung durch Sacheinlage oder durch Verrechnung bewilligen. Variante: Die Aufnahme erfolgt bei positivem Aufnahmebeschluss mit vollständiger Einzahlung der Einlage und eines allfälligen Aufgeldes. Die Verwaltung kann ausnahmsweise eine Liberierung durch Sacheinlage bewilligen; die Aufnahme erfolgt in diesem Fall mit Erfüllung des entsprechenden Sacheinlagevertrages. Kommentar: Im Genossenschaftsrecht ist, anders als im Aktienrecht, keine Mindestliberierung der einzelnen Genossenschaftsanteile vorgesehen. Auch gibt es keine spezifischen, genossenschaftsrechtlichen Vorschriften betreffend die Einzahlungsmodalitäten. Da es sich bei der Liberierungspflicht des Genossenschafters allerdings um eine Geldschuld desselben handelt, kann die Erfüllung sogleich geleistet und gefordert werden (Art. 75 OR). Bei der Statutenredaktion besteht betreffend die Liberierung sodann ein erheblicher Gestaltungsspielraum: In den Statuten kann geregelt werden, welcher Teil der Genossenschaftsanteile bis zu welchem Zeitpunkt liberiert werden soll. Möglich ist es auch vorzusehen, dass die Verwaltung oder die Generalversammlung mittels eines Fälligkeitsbeschlusses die gesamte oder einen Teil der Liberierungssumme erst bei Bedarf einfordern kann. Auch denkbar ist eine jährliche Einforderung lediglich eines Prozentsatzes der Anteilssumme bis die Anteile vollständig liberiert sind. Jedes Mitglied wird im Mitgliederverzeichnis aufgenommen und erhält seine Mitgliedschaft auf sein/ihr Begehren jederzeit schriftlich bestätigt. Variante: Jedes Mitglied erhält einen von der Präsidentin/dem Präsidenten und einem weiteren Mitglied der Verwaltung unterzeichneten Mitgliederausweis. Ist das Mitglied eine juristische Person, Handelsgesellschaft, Körperschaft oder Anstalt, so hat es zur Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte eine natürliche Person zu bestimmen.
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Die Genossenschafter haben die gesetzlich vorgesehenen Kontrollrechte. Auskünfte / Aufschlüsse im Sinne von Art. 857 Abs. 1 OR können aber nicht nur verlangt werden, wenn zweifelhafte Ansätze vorhanden sind. Auskünfte / Aufschlüsse sind insoweit zu erteilen, als sie für die Ausübung der Genossenschafterrechte erforderlich sind.
Kommentar: Die Kontrollrechte der Genossenschafter sind in Art. 856 und 857 OR festgesetzt und umschrieben. Art. 857 Abs. 4 OR sieht vor, dass diese statutarisch nicht aufgehoben oder beschränkt werden können. Spätestens zehn Tage vor der Generalversammlung oder der Urabstimmung, die über die Genehmigung des zu entscheiden hat, sind Lagebericht, Konzernrechnung und Jahresrechnung mit dem Revisionsbericht zur Einsicht der Genossenschafter am Sitz der Genossenschaft aufzulegen. Sofern die Unterlagen nicht elektronisch zugänglich sind, kann jeder Genossenschafter während eines Jahres nach der Generalversammlung verlangen, dass ihm der Geschäftsbericht in der von der Generalversammlung genehmigten Form sowie der Revisionsbericht zugestellt werden (Art. 856 Abs. 1 und 2 revOR). Die Festsetzung zusätzlicher Kontrollrechte ist, unter Beachtung der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen, statutarisch allerdings möglich. In den Statuten ist, wie vorliegend, insbesondere eine Formulierung zu begrüssen, wonach eine Auskunft insoweit zu erteilen ist, als sie für die Ausübung der Genossenschafterrechte erforderlich ist und sich das Auskunftsrecht nicht nur auf "Aufschlüsse im Zusammenhang mit zweifelhaften Ansätzen" beschränkt (OFK OR-Natsch, Art. 857 N. 3, welche sich de lege ferenda für eine solche Ausdehnung ausspricht). |
Die Genossenschafter sind verpflichtet, die Interessen der Genossenschaft in guten Treuen zu wahren.
Variante: Neben der Pflicht zur Übernahme mindestens eines Genossenschaftsanteils (siehe Ziff. 2.1), hat ein Genossenschafter die folgenden Pflichten: - [Handlungspflicht(en)] - [Duldungspflicht(en)] - [Unterlassungspflicht(en)] Kommentar: Die Genossenschafter sind gemäss Art. 866 OR verpflichtet, die Interessen der Genossenschaft in guten Treuen zu wahren. Der alleinstehenden, genossenschaftlichen Treuepflicht ist allerdings kein zu weiter Anwendungsbereich einzuräumen. Konkrete Pflichten können sich aufgrund der Treuepflicht in erster Linie aufgrund des von der Genossenschaft angestrebten Zwecks und den dafür in den Statuten vorgesehenen Mitteln ergeben. "Der weitere Statuteninhalt ist für die Bestimmung der Treuepflicht beachtlich, wenn sich aus diesem über die eigentliche Zweckbestimmung und die dafür vorgesehenen Mittel hinaus besondere Pflichten der Genossenschafter ergeben. Die Statuten sind somit einerseits Grundlage und andererseits Schranke der Treuepflicht des Genossenschafters" (BGE 101 II 125 E. 3 a). Die grundlegende Treuepflicht der Genossenschafter kann somit statutarisch weiter konkretisiert werden. Denkbar ist als Unterlassungspflicht bspw. ein ausdrückliches Verbot des Betreibens einer den Geschäftsbetrieb der Genossenschaft schädigenden Konkurrenztätigkeit (BSK OR II-Nigg, Art. 866 N. 7). In den Statuten müssen, damit diese für die Genossenschafter verbindlich sind (Art. 832 Ziff. 3 OR), Beitrags- und Leistungspflichten von Genossenschaftern in Art und Höhe festgesetzt werden. Eine Festlegung bis ins letzte Detail ist dabei aber nicht notwendig. Beschlüsse über Einforderungen von Beiträgen, welche nicht statutarisch begründet sind, sind allerdings nichtig (BGE 93 II 30 E. 4a). Die Beitrags- und Leistungspflichten können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Infrage kommen bspw.: - die Pflicht zum Erbringen von Arbeit, je nachdem gegen Bezahlung, - die Pflicht zur Teilnahme an gesellschaftlichen Anlässen der Genossenschaft, - die Pflicht zur Erbringung von Sachleistungen, wie bspw. das zur Verfügung-Stellen von Gerätschaften, Maschinen, Land, Einrichtungen etc., - Benutzungspflichten, - Boykottpflichten (soweit gesetzlich zulässig), - Beitragen zum Gelingen des Betriebes, - die Ausstellung von Darlehen, - das Leisten von Eintrittsgeldern (Art. 839 Abs. 2 OR) oder Auslösungssummen (Art. 842 Abs. 2 OR), - die Pflicht zur Übernahme eines oder mehrere Anteilscheine (Art. 853 OR) Leistet der Genossenschafter seine Beiträge nicht und wird er durch die Genossenschaft seiner Rechte verlustig erklärt, führt dies nicht dazu, dass er von fälligen oder durch eine Ausschliessung fällig werdenden Verpflichtungen befreit wird. Die Statuten können eine Befreiung von diesen Pflichten allerdings vorsehen (Art. 867 Abs. 4 OR). Themenkreis Wirkungsverankerung: Die Genossenschafter sind aufgrund ihrer Treuepflicht auch einer allfälligen Wirkungsverankerung im Zweck verpflichtet. Die Genossenschafter werden derart auch in juristischer Hinsicht mittels Bindung an den Zweck auf ein wirkungsorientiertes Handeln ausgerichtet und nehmen in ihrem sonstigen Handeln die Interessen der Genossenschaft wahr. Die Treuepflicht kann weiter, wie oben skizziert, durch konkrete Duldungs-, Handlungs- oder Unterlassungspflichten konkretisiert werden. So können Genossenschafter einer ökologieorientierten, umweltbewussten Genossenschaft beispielsweise dazu verpflichtet werden, das Fliegen oder Autofahren zu unterlassen. Dies kann ebenfalls ein Mittel sein, um Wirkung durch die Genossenschaft und deren Mitglieder zu erzielen. Im Weiteren besteht die Möglichkeit, statutarisch Sanktionen gegen Verstösse der obgenannten Pflichten vorzusehen. Infrage kommen der Ausschluss aus der Genossenschaft, das Verhängen von Konventionalstrafen, ein genossenschaftsinternes Bussensystem, ein (zeitlich begrenztes) Verbot, Genossenschaftseinrichtungen verwenden zu dürfen oder der Ausschluss der Teilnahme an gewissen genossenschaftlichen Anlässen. Ein Vorteil der Wirkungsorientierung dieser Art ist, dass diese durch das Festsetzten von Duldungs-, Handlungs- oder Unterlassungspflichten direkt bei den einzelnen Genossenschaftern ansetzt und deshalb sehr konkret ist. Ein Nachteil ist, dass für gewisse Personen solche Pflichten als zu einschränkend wirken mögen. Der Kreis potenzieller Genossenschafter verkleinert sich dadurch. |
Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererbbar.
Kommentar: Die Statuten können, abweichend von der vorliegend gewählten Standardregelung des Erlöschens der Mitgliedschaft mit dem Tode des Genossenschafters, vorsehen, dass (1) die Erben Mitglieder der Genossenschaft sind oder ihnen (2) ein Beitrittsrecht auf schriftliches Begehren zukommt. Es empfiehlt sich dabei, den Kreis der nachfolgeberechtigten Erben in den Statuten näher zu bestimmen. Insbesondere sollte in den Statuten geklärt werden, ob auch Vermächtnisnehmern eine Mitgliedschaftsstellung zukommen kann. Die Statuten dürfen der Genossenschaft ein Vetorecht gegen die Aufnahme einräumen und die Voraussetzungen festlegen, welche die Erben erfüllen müssen (Urteil des Bundesgerichts vom 25.2.2003, 4C.350/2002, E. 3.1.). Sehen die Statuten vor, dass die Erben ohne Weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind, so können die Erben nur durch ein Ausschlagen der Erbschaft den Mitgliedschaftserwerb vermeiden. Die Genossenschaft nimmt den Erben von selbst auf ("ipso iure"). Es bedarf keines Aufnahmebeschlusses und auch eine Ablehnung vonseiten der Genossenschaft ist nicht zulässig (BSK OR II-Schwartz, Art. 847 N. 9.) Wird den Erben ein Beitrittsrecht eingeräumt (ein sog. "subjektives Recht"), so bedarf es einer Beitrittserklärung des Erben. Eines Aufnahmeentscheids oder einer Genehmigung der Genossenschaft bedarf es nicht. Der eintretende Erbe tritt an die Stelle des verstorbenen Genossenschafters (sog. "derivativer Erwerb"). Der Eintritt erfolgt rückwirkend auf den Todestag (BSK OR II-Schwartz, Art. 847 N. 15). Es kann statutarisch eine Frist zur Ausübung des Beitrittsrechts festgesetzt werden. |
Ein Austritt aus der Genossenschaft kann jeweils per 31. Dezember erfolgen.
Die Kündigung der Mitgliedschaft ist der Verwaltung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten schriftlich mitzuteilen. Auf den Zeitpunkt des Ausscheidens (31. Dezember) sind der Mitgliederausweis sowie alle Anteilscheine zurückzugeben. Kommentar: Gemäss Art. 842 Abs. 1 OR steht jedem Genossenschafter der Austritt frei, sofern die Auflösung der Genossenschaft zum Zeitpunkt des Austritts nicht beschlossen ist. Innerhalb der gesetzlichen und statutarischen Schranken (dazu sogleich mehr) kann der Austritt zu einem beliebigen Zeitpunkt und ohne, dass bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden müssen, erklärt und anschliessend auch ausgeübt werden. Statutarisch oder vertraglich kann der Austritt aus der Genossenschaft gemäss Art. 843 Abs. 1 OR ohne Weiteres auf fünf Jahre ausgeschlossen werden, wobei auch während dieser Frist der Austritt aus wichtigen Gründen erklärt werden kann. Ist statutarisch keine kürzere Kündigungsfrist vorgesehen, so hat der Austritt auf das Ende des Geschäftsjahres sowie unter Beobachtung einer einjährigen Kündigungsfrist zu erfolgen. Eine längere Kündigungsfrist kann gemäss Art. 844 Abs. 2 OR e contrario auch statutarisch nicht vorgesehen werden, wobei die zulässigen Austrittsbeschränkungen vorbehalten bleiben; eine kürzere Kündigungsfrist ist hingegen möglich. Es können zudem statutarisch zusätzliche mögliche Kündigungstermine vorgesehen werden (Art. 844 Abs. 2 OR). Als Beispiele für zulässige statutarische Einschränkungen des Austrittsrechts können u.a. die folgenden genannt werden (BSK OR II-Nigg, Art. 842 N. 9): - die Festsetzung einer Auslösungssumme - der Verfall von Genossenschaftsanteilen. Dies bedeutet, dass ein Genossenschafter beim Austritt für die liberierten Genossenschaftsanteile keinen Abfindungsanspruch hat. - der Austritt aus einer Siedlungsgenossenschaft wird unter die Bedingung gestellt, dass der austretende Genossenschafter seine Liegenschaft an einen beitretenden Genossenschafter verkauft (BGE 89 II 138 E. 4c). In jenem Fall war im Grundbuch die Verpflichtung vorgemerkt, dass beim Verkauf der Liegenschaft der Verkäufer die Mitgliedschaft dem Käufer zu überbinden hat. - die stillschweigende Verlängerung der Mitgliedschaftsdauer und der Kündigungsfristen. Statutarisch können Formvorschriften an die Austrittserklärung gestellt werden. Mit der Austrittserklärung macht der Genossenschafter ein aufhebendes Gestaltungsrecht geltend. Als einseitige Willenserklärung ist die Austrittserklärung empfangsbedürftig. Die Austrittserklärung erfolgt gegenüber der Genossenschaft. Sofern die Statuten kein anderes Organ bezeichnen, ist die Verwaltung Adressatin (Rothenbühler, S. 50). Sämtliche Einlagen sowie ein allfälliges Agio des austretenden Mitglieds fallen ins Genossenschaftsvermögen. Variante: Das ausgetretene Mitglied kann bis spätestens am 31. Dezember des Folgejahrs nach dem Austritt einen Abfindungsanspruch geltend machen. Ist das bilanzmässige Reinvermögen abzüglich der Reserven im Zeitpunkt der Geltendmachung geringer als der Nennwert des ausgegebenen Anteilkapitals, erhält das austretende Mitglied nur einen entsprechend reduzierten Teil des von ihm einbezahlten Kapitals. Der Abfindungsanspruch berechnet sich wie folgt: Die Verwaltung nimmt die Berechnung vor und legt sie im von ihr getroffenen Verwaltungsbeschluss offen. Die Verwaltung kann die Begleichung des Abfindungsanspruchs von austretenden Mitgliedern bis auf drei Jahre hinausschieben. Die Genossenschaft kann den Abfindungsanspruch mit allfälligen ausstehenden Forderungen gegenüber den ausscheidenden Mitgliedern verrechnen. Kommentar: Sehen die Statuten wie in der Variante und anders als die dispositive gesetzliche Regelung in Art. 865 Abs. 1 OR, gemäss Art. 864 Abs. 1 OR einen Abfindungsanspruch vor, so ist die Höhe desselben gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 127 III 415 E. 5b) zwingend zum Zeitpunkt des Ausscheidens zu berechnen, und dies aufgrund des bilanzmässigen Reinvermögens mit Ausschluss der Reserven (Art. 864 Abs. 1 zweiter Satz OR). Die Berechnungsweise der Höhe des Abfindungsanspruchs kann, unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, zudem statutarisch frei bestimmt werden. Zu berücksichtigen ist dabei das Prinzip der Gleichbehandlung der Genossenschafter, welches aus Art. 854 OR fliesst. Es kann dem Ausscheidenden oder seinen Erben i.S.v. Art. 864 Abs. 2 OR ein Recht auf gänzliche oder teilweise Rückzahlung der Anteile mit Ausschluss des Eintrittsgeldes zuerkannt werden. Damit nicht gegen Art. 864 Abs. 1 zweiter Satz OR verstossen wird, darf der Abfindungsanspruch den Nennwert der Anteile dabei aber nur insofern übersteigen, als dadurch die Reserven der Genossenschaft, welche zur Deckung von Verlusten geäufnet wurden, nicht in Anspruch genommen werden. Weitere Ansprüche auf die Verteilung des bilanzmässigen Reinvermögens bei einem Ausscheiden, sind, sofern sie statutarisch vorgesehen sind, möglich. Dabei sollte das Gebot in Art. 859 Abs. 3 OR, wonach die Quote des an die Anteile-haltenden Genossenschafter auszurichtenden Reinertrags den landesüblichen Zinsfuss für langfristige Darlehen ohne besondere Sicherheiten nicht übersteigen darf, beachtet werden. Folgende Berechnungskriterien stehen bei der statutarischen Festsetzung des Abfindungsanspruchs offen (BSK OR II-Nigg, Art. 864/865 N. 4 mit weiteren Verweisen): - die von den ausscheidenden Genossenschaftern geleisteten Geld- und anderen Beiträge - die Dauer der Mitgliedschaft - Intensität der Benutzung der genossenschaftlichen Einrichtungen - der Grund des Ausscheidens; so kann geregelt werden, dass einem schuldhaft ausgeschlossenen Genossenschafter gar nichts oder zumindest ein tieferer Betrag als einem gewöhnlich Austretenden zustehen soll - der Anteilsbesitz - nach Köpfen. Statutarisch kann auch eine Berechnungsformel für den Abfindungsanspruch vorgesehen werden. Es empfiehlt sich, die folgende Formel in die Statuten aufzunehmen: Der Nennwert des Anteils, aufgrund dessen ein Abfindungsanspruch besteht, wird dabei mit dem bilanzmässigen Reinvermögen (=Bilanzsumme abzgl. kurz- und langfristiges Fremdkapital ohne stille Reserven; s. Reymond / Trigo Trindade, S. 129) abzgl. der Reserven, welche zur Deckung von Verlusten geäufnet wurden (die stillen Reserven gehören hier nicht dazu), multipliziert und anschliessend durch den Nennwert des ursprünglich ausgegebenen Anteilkapitals dividiert. Dadurch wird sowohl dem ursprünglich in das bilanzmässige Reinvermögen eingebrachten Betrag des einzelnen Genossenschafters im Verhältnis zu demjenigen der Gesamtheit der Genossenschafter als auch der derzeitigen Vermögenssituation der Genossenschaft Rechnung getragen. Wurde ursprünglich ein Agio in die Genossenschaft eingebracht und ist dieses noch vorhanden, so würde dieses durch den Abfindungsanspruch ebenfalls zurückerstattet. Anstelle einer Formel oder einer Berechnungsmethode kann statutarisch auch vorgesehen werden, dass ein bestimmtes Organ innerhalb der Genossenschaft die Höhe des Abfindungsanspruchs festlegt. Sehen die Statuten einen Abfindungsanspruch der ausscheidenden Genossenschafter i.S.v. Art. 864 Abs. 1 OR vor und ist ein bilanzmässig ausreichendes Reinvermögen vorhanden, so entsteht der Anspruch zum Zeitpunkt des Ausscheidens. Beim Austritt ist dies, sofern statutarisch nichts anderes vorgesehen ist, das Ende des Geschäftsjahres nach Ablauf der einjährigen Kündigungsfrist. Bei der Ausschliessung ist es der Zeitpunkt, in welchem die Rekursfrist nach Art. 846 Abs. 3 OR abläuft. Kommt es zu einem Rekurs- bzw. Berufungsverfahren i.S.v. Art. 846 Abs. 3 OR, so hat dieses, sofern statutarisch nichts anderes vorgeschrieben ist, aufschiebende Wirkung. Die Fälligkeit des Abfindungsanspruchs kann statutarisch auf drei Jahre hinausgeschoben werden (Art. 864 Abs. 2 OR). Auch ohne statutarische Bestimmung kann die Rückzahlung bis auf drei Jahre hinausgeschoben werden, sofern der Genossenschaft ein erheblicher Schaden erwachsen oder ihr Fortbestand gefährdet würde. Erwächst der Genossenschaft durch den Austritt ein erheblicher Schaden oder wird deren Fortbestand gefährdet, so kann die Verwaltung den Austretenden zur Bezahlung einer angemessenen Auslösungssumme verpflichten. Kommentar: Die Statuten können vorschreiben, dass der Austretende zur Bezahlung einer angemessenen Auslösungssumme verpflichtet ist, wenn nach den Umständen durch den Austritt der Genossenschaft ein erheblicher Schaden erwächst oder deren Fortbestand gefährdet wird (Art. 842 Abs. 2 OR). Die Statuten können dabei die Höhe der Auslösungssumme oder die Berechnungsweise für dieselbe bestimmen. Sie müssen dies aber nicht. Alternativ kann statutarisch der Generalversammlung oder der Verwaltung auch die Kompetenz zur Festsetzung der Auslösungssumme erteilt werden. Statutarische Vorschriften, welche den Austritt verbieten oder übermässig erschweren sind hingegen ungültig (Art. 842 Abs. 3 OR). Wird die Erreichung des Genossenschaftszwecks durch einen Austritt stark gestört oder gar verunmöglicht, so kann das Austrittsrecht auch ad hoc beschränkt werden (BGE 89 II 138 E. 2). Zulässig ist eine statutarische Beschränkung insbesondere dann, wenn sie unumgänglich für die Verfolgung des Interesses des Genossenschaftszwecks ist, und der Zweck durch andere Massnahmen nicht erreichbar ist. |
Bei Zuwiderhandlungen gegen den Genossenschaftszweck kann ein Mitglied durch die Verwaltung ausgeschlossen werden. Es hat ein Rekursrecht an die Generalversammlung. Die Anrufung des Richters nach Art. 846 Abs. 3 OR innert dreier Monate bleibt vorbehalten.
Kommentar: Gemäss Art. 846 Abs. 1 OR können in die Statuten Gründe aufgenommen werden, weshalb es zu einer Ausschliessung eines Genossenschafters kommen kann. Diese Gründe bedürfen eines sachlichen Zusammenhangs mit der Zielsetzung der Genossenschaft und ihrer Mitglieder. Der Ausschluss muss eine Gefährdung des Genossenschaftszwecks verhindern können und sollen (BSK OR II-Schwartz, Art. 846 N. 11). Ein Ausschluss aus einer Wohnbaugenossenschaft muss mit den Kündigungsgründen koordiniert werden. Ein automatischer Verlust der Mitgliedschaft, unter Vorbehalt der Ausführungen in Kapitel 4.1.5, oder eine Ausschliessung ohne Grundangabe kann auch statutarisch nicht vorgesehen werden (BeKo OR-Forstmoser, Art. 848 N. 13, 29 und 33). Im Weiteren ist ein Ausschluss aus wichtigen Gründen jederzeit möglich. Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung oder die Verwaltung, wenn die Statuten Letztere für zuständig erklärt (Art. 846 Abs. 3 OR). Dem Ausgeschlossenen steht dabei gegen den Entscheid der Ausschliessung jeweils ein Rekursrecht an die Generalversammlung sowie das Recht zur Anrufung des Richters zu. Themenkreis Wirkungsverankerung: Verstossen die Genossenschafter gegen die Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten oder halten sie diese nicht ein, fallen gewisse Eigenschaften eines Mitglieds, welche anfänglich bestanden hatten, nachträglich weg oder stellt sich heraus, dass ein Genossenschafter die erforderlichen Eigenschaften gar nie mitbrachte, so kann dies zu einem Ausschluss eines Genossenschafters aus der Genossenschaft aus wichtigem Grund i.S.v. Art. 846 Abs. 2 OR führen. Die persönlichen Gründe oder die sachlichen Voraussetzungen, unter denen der Eintritt in die Genossenschaft erfolgte und welche wegfallen, müssen wesentlich und der Weiterbestand der Mitgliedschaft darf der Genossenschaft nicht weiter zumutbar sein (BSK OR II-Schwartz, Art. 846 Rz. 14), damit es zu einem Ausschluss aus der Genossenschaft aus wichtigem Grund kommen kann. Bei einem Ausschluss zu würdigen sind "alle Umstände des Einzelfalles, wobei der Zweck, die faktische und wirtschaftliche Zielsetzung, die Mitgliederstruktur und der Charakter der Genossenschaft bedeutsam sind."(BSK OR II-Schwartz, Art. 843 Rz. 9). Gemäss Art. 846 Abs. 1 OR können in den Statuten zudem weitere Gründe definiert werden, weshalb es zu einem Ausschluss eines Genossenschafters kommen kann. Diese Gründe müssen nicht wichtig im oben beschriebenen Sinn sein. Die Generalversammlung ist, sofern die Statuten diese Kompetenz nicht der Verwaltung zukommen lässt, für den Entscheid betreffend den Ausschluss aus der Genossenschaft, zuständig (Art. 846 Abs. 3 OR). Dem Genossenschafter muss dabei mitgeteilt werden, weshalb er aus der Genossenschaft ausgeschlossen wird (BSK OR II-Schwartz, Art. 846 Rz. 5). Als drohende ultima ratio, welche als solche vonseiten der Verwaltung bei der Zurechtweisung oder Ermahnung der Genossenschafter im Hinblick auf die Wirkungsorientierung auch kommuniziert werden kann und sollte, ist die Ausschliessung ein geeignetes Mittel, um die Genossenschafter auf die Wirkung (erneut) auszurichten. Der Ausschluss eines Genossenschafters aus der Genossenschaft ist insbesondere für den betroffenen Genossenschafter allerdings auch eine sehr drastische Massnahme und wird im Wirtschaftsleben wohl nur sehr selten zur Anwendung gelangen. Das ausgeschlossene Mitglied hat kein Recht auf Rückzahlung seines Anteils oder eines allfälligen Agios und auch sonst keinerlei Rechte am Genossenschaftsvermögen. Kommentar: Die Statuten können auch für ausgeschlossene bzw. auszuschliessende Mitglieder das Entrichten einer Auslösungssumme festlegen. Die Modalitäten hinsichtlich Höhe, Zahlungsfrist etc. dürfen sich von denjenigen für freiwillig austretende Genossenschafter sodann aber nicht unterscheiden. |
Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tod eines Mitglieds bzw. bei juristischen Personen, Handelsgesellschaften, Körperschaften oder Anstalten mit deren Auflösung.
Sämtliche Einlagen sowie ein allfälliges Agio fallen bei Erlöschen der Mitgliedschaft ins Genossenschaftsvermögen. Variante: Die Erben eines verstorbenen Mitglieds können bis spätestens am 31. Dezember des auf den Todestag folgenden Jahres die Rückzahlung des vom verstorbenen Mitglied einbezahlten Anteilskapitals verlangen; darüber hinaus steht ihnen kein Recht am Genossenschaftsvermögen zu. Verlangen die Erben innert Frist keine Rückzahlung, fallen die Einlagen des verstorbenen Mitglieds ins Genossenschaftsvermögen. Ist das Genossenschaftsvermögen im Zeitpunkt der Geltendmachung geringer als das Genossenschaftskapital, erhalten die Erben nur einen reduzierten Teil des vom verstorbenen Mitglied einbezahlten Kapitals. Geht eine juristische Person bzw. eine Handelsgesellschaft, eine Körperschaft oder eine Anstalt infolge einer Fusion mit einem anderen Rechtsträger unter, entscheidet die Verwaltung im Einzelfall, ob die Mitgliedschaft erlischt oder auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Der übernehmende Rechtsträger hat der Genossenschaft die erfolgte Fusion mitzuteilen. Kommentar: Wird in den Statuten nichts Weiteres vorgesehen, so erlischt die Mitgliedschaft mit dem Tode des Genossenschafters (Art. 847 Abs. 1 OR). In den Statuten kann festgelegt werden, dass die Wirkungen des Ausscheidens erst auf den Schluss des laufenden Geschäftsjahres eintreten (BeKo OR-Forstmoser, Art. 847 N. 11). Spätere Zeitpunkte sind gemäss Art. 843 Abs. 2 OR nicht zulässig. Die Statuten können abweichend von der Standardregelung des Erlöschens der Mitgliedschaft mit dem Tode des Genossenschafters vorsehen, dass (1) die Erben Mitglieder der Genossenschaft sind oder ihnen (2) ein Beitrittsrecht auf schriftliches Begehren zukommt. Es empfiehlt sich dabei, den Kreis der nachfolgeberechtigten Erben in den Statuten näher zu bestimmen. Insbesondere sollte in den Statuten geklärt werden, ob auch Vermächtnisnehmern eine Mitgliedschaftsstellung zukommen kann. Die Statuten dürfen der Genossenschaft ein Vetorecht gegen die Aufnahme einräumen und die Voraussetzungen festlegen, welche die Erben erfüllen müssen (Urteil des Bundesgerichts vom 25.2.2003, 4C.350/2002, E. 3.1.). Sehen die Statuten vor, dass die Erben ohne Weiteres Mitglieder der Genossenschaft sind, so können die Erben nur durch ein Ausschlagen der Erbschaft den Mitgliedschaftserwerb vermeiden. Die Genossenschaft nimmt den Erben von selbst auf ("ipso iure"). Es bedarf keines Aufnahmebeschlusses und auch eine Ablehnung vonseiten der Genossenschaft ist nicht zulässig (BSK OR II-Schwartz, Art. 847 N. 9.) Wird den Erben ein Beitrittsrecht eingeräumt (ein sog. "subjektives Recht"), so bedarf es einer Beitrittserklärung des Erben. Eines Aufnahmeentscheids oder einer Genehmigung der Genossenschaft bedarf es nicht. Der eintretende Erbe tritt an die Stelle des verstorbenen Genossenschafters (sog. "derivativer Erwerb"). Der Eintritt erfolgt rückwirkend auf den Todestag (BSK OR II-Schwartz, Art. 847 N. 15). Es kann statutarisch eine Frist zur Ausübung des Beitrittsrechts festgesetzt werden. Exkurs zum Wegfall einer Beamtung, Anstellung oder eines Vertrages:Die Statuten können vorsehen, dass selbst wenn die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft mit einer Beamtung oder einer Anstellung verknüpft ist oder Folge eines Vertragsverhältnisses ist, diese auch bei Auflösung der Beamtung, der Anstellung oder des Vertragsverhältnisses, weiterbestehen soll. Sehen sie dies nicht vor, so fällt die Mitgliedschaft mit der Beendigung der Beamtung, der Anstellung oder des Vertrages dahin. Exkurs zum automatischen Verlust der Mitgliedschaft: In den Statuten können gemäss der herrschenden Lehre zudem zusätzliche Gründe für einen automatischen Verlust der Mitgliedschaft vorgesehen werden (BeKo OR-Forstmoser, Art. 848 N. 29 f.). Gemäss BSK OR II-Nigg, Art. 848 N. 8 dürfen die zusätzlichen, von den Statuten eingeführten Gründe nicht einseitig von der Genossenschaft gesetzt werden und nicht im freien Ermessen ihrer Organe liegen. Die Organe dürfen zudem über den automatischen Mitgliedschaftsverlust keine Entscheidungskompetenz haben. Zudem sollten die statutarischen Gründe für einen automatischen Verlust eine Beziehung zur genossenschaftlichen Tätigkeit aufweisen. Wird ein Mitglied automatisch ausgeschlossen, so ist der Verlust der Mitgliedschaft dem Mitglied gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben innert angemessener Frist mitzuteilen. |
3 Organe
Die Organe der Genossenschaft sind:
- Die Generalversammlung
- Die Verwaltung
- Die Revisionsstelle
Oberstes Organ der Genossenschaft ist die Generalversammlung der Mitglieder. Ihr stehen folgende unübertragbare Befugnisse zu:
1. Festsetzung und Änderung der Statuten; 2. Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten; 3. Wahl der Mitglieder der Verwaltung und Wahl der Revisionsstelle; 4. Genehmigung der Jahresrechnung; 5. gegebenenfalls Genehmigung des Lageberichts und der Konzernrechnung; 6. gegebenenfalls Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns; 7. Entlastung der Mitglieder der Verwaltung; 8. Beschlussfassung über Gegenstände, die der Generalversammlung durch das Gesetz oder die Statuten vorbehalten sind, oder die ihr durch die Verwaltung vorgelegt werden. 9. Beschlussfassung über die Rückzahlung von Kapitalreserven Variante als Zusatz: Zählt die Genossenschaft mehr als 300 Mitglieder, werden die Befugnisse der Generalversammlung grundsätzlich durch schriftliche Stimmabgabe der Mitglieder (Urabstimmung) ausgeübt. Die Verwaltung kann jederzeit beschliessen, anstelle einer Urabstimmung eine physische Generalversammlung durchzuführen. Über die Beschlussfassung zur Auflösung der Genossenschaft mit oder ohne Liquidation muss die Verwaltung zwingend eine physische Generalversammlung durchführen. Kommentar: Die obgenannten Befugnisse sind unübertragbar, wobei die Befugnisse zur Genehmigung der Jahresrechnung, die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns sowie gegebenenfalls zur Beschlussfassung über die Rückzahlung von Kapitalreserven mit der Revision per 1. Januar 2023 zu den unübertragbaren Kompetenzen der GV hinzutreten (Art. 879 Abs. 2 Ziff. 3bis revOR). Wichtig für die Statutenredaktion ist es, diese unübertragbaren Befugnisse zu berücksichtigen. Bei konzessionierten Versicherungsgenossenschaften mit über 1'000 Mitgliedern können durch die Statuten die Befugnisse der Generalversammlung ganz oder zum Teil der Verwaltung übertragen werden. Unübertragbar sind aber auch bei diesen Genossenschaften die Befugnisse der Generalversammlung zur Einführung oder Vermehrung der Nachschusspflicht, zur Auflösung, zur Fusion, zur Spaltung und zur Umwandlung der Rechtsform der Genossenschaft. Genossenschaften, die mehr als 300 Mitglieder zählen oder bei denen die Mehrheit der Mitglieder aus Genossenschaften besteht, können durch die Statuten die Befugnisse der Generalversammlung ganz oder zum Teil einer Delegiertenversammlung übertragen (Art. 892 Abs. 1 OR). Es handelt sich dabei um eine reine "Kann-Vorschrift". Eine Pflicht zur Einführung einer Delegiertenversammlung besteht indes nicht. In der Delegiertenversammlung werden die einzelnen Genossenschafter durch einen Delegierten in ihren Interessen vertreten. Durch die Schaffung einer Delegiertenversammlung werden die unentziehbaren Mitgliedschaftsrechte wie Teilnahme- und Stimmrecht des einzelnen Genossenschafters an der Generalversammlung eingeschränkt. Das Stimmrecht wird durch das Delegiertenwahlrecht ersetzt. Dieser Vorgang stellt gewissermassen den Übergang von einer direkten zu einer indirekten Demokratie dar. Art. 892 Abs. 2 OR sieht zudem vor, dass Zusammensetzung, Wahlart und Einberufung der Delegiertenversammlung durch die Statuten geregelt werden. Die Delegiertenversammlungen unterscheiden sich in der statutarischen Ausgestaltung je nachdem ob es sich um eine Delegiertenversammlung mit über 300 Mitgliedern handelt (erster Fall) oder ob die Mehrheit der Mitglieder aus Genossenschaftern (zweiter Fall) besteht. Im ersten Fall ist dem Prinzip der gleichen Stimmkraft der einzelnen Genossenschafter, welche durch ihren Delegierten / ihre Delegierte vertreten werden, stets Rechnung zu tragen (BSK OR II-Moll, Art. 892 N. 6–10). Es wird zwischen Delegiertenversammlungen mit Einkreis- sowie solchen mit Mehrkreiswahlen unterschieden. Bei der Einkreiswahl wählen alle Mitglieder ihre Delegierten gemeinsam, etwa im Rahmen einer Urabstimmung. Bei der Mehrkreiswahl wird die Gesamtheit der Mitglieder nach örtlichen oder anderen Gesichtspunkten in Untergruppen (Wahlkreise) aufgeteilt, welche die ihnen zustehenden Delegierten je für sich allein wählen. Bei Genossenschaften, deren Mitgliederkreis sich mehrheitlich aus Genossenschaften zusammensetzt (zweiter Fall), ist eine Abstufung der Stimmkraft der Delegierten hingegen möglich (BSK OR II-Moll, Art. 892 N. 25). Grund dafür ist, dass sich die Mitglieder im Hinblick auf die wirtschaftliche Stärke, die Mitgliederzahl etc. erheblich voneinander unterscheiden können. Die Kompetenzen der Generalversammlung können in beiden Fällen ganz oder nur teilweise an die Delegiertenversammlung übertragen werden. In der Praxis sind hier unterschiedliche Varianten möglich. Denkbar ist bei einer Delegiertenversammlung einer Genossenschaft mit über 300 Mitgliedern, gepaart mit der Möglichkeit einer Urabstimmung, auch die Einführung von Initiativ- oder Referendumsrechten betreffend gewisse Themen (BSK OR II-Moll, Art. 892 N. 21). Für die weiteren Möglichkeiten zur unterschiedlichen statutarischen Gestaltung und Strukturierung einer Delegiertenversammlung im Einzelnen sei an dieser Stelle auf OFK OR-Natsch, Art. 892 sowie BSK OR II-Moll, Art. 892 N. 6 – 32 verwiesen. |
Die ordentliche Generalversammlung ist durch die Verwaltung innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres durchzuführen.
Die Verwaltung und nötigenfalls die Revisionsstelle können die Durchführung einer ausserordentlichen Generalversammlung anordnen. Eine ausserordentliche Generalversammlung muss zudem durchgeführt werden, wenn wenigstens der zehnte Teil der Mitglieder, bei weniger als dreissig Mitgliedern wenigstens deren drei, eine Durchführung verlangen.
Mitglieder, die zusammen wenigstens den zehnten Teil aller Mitglieder ausmachen, bei weniger als dreissig Mitgliedern wenigstens deren drei, sind berechtigt, die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen zu verlangen. Die Verwaltung gibt den Durchführungs-termin der nächsten Generalversammlung frühzeitig bekannt und bestimmt einen Tag, bis zu welchem ihr allfällige Anträge auf Traktandierung schriftlich oder auf elektronischem Weg einzureichen sind.
Die Verwaltung hat die Generalversammlung bzw. Urabstimmung bis spätestens zwanzig Tage vor der Durchführung per Brief einzuberufen. Sie hat der Einladung die Traktandenliste, sofern sie zu behandeln sind den Geschäftsbericht, die Jahresrechnung, den Lagebericht, die Konzernrechnung und den Revisionsbericht, sowie bei Statutenänderung den wesentlichen Inhalt der vorgeschlagenen Änderung beizulegen. Über nicht traktandierte Geschäfte können keine Beschlüsse gefasst werden, ausser dann, wenn alle Mitglieder versammelt sind und sie gegen eine entsprechende Beschlussfassung keinen Widerspruch erheben (Universalversammlung). Kommentar: Gemäss der gesetzlich dispositiven Ordnung beruft die Verwaltung die Generalversammlung ein (Art. 881 Abs. 2 OR). Nötigenfalls kann sie durch die Revisionsstelle einberufen werden. Das Einberufungsrecht steht auch den Liquidatoren und den Vertretern der Anleihensgläubiger zu (Art. 881 Abs. 1 OR). Die Statuten können aber auch ein anderes Organ als die Geschäftsleitung zur Einberufung der Generalversammlung für zuständig erklären. Ist statutarisch jedoch keine Einberufung durch eine andere Stelle als die Verwaltung vorgesehen, so bleibt diese zuständig. Die Generalversammlung muss einberufen werden, wenn wenigstens der zehnte Teil der Genossenschafter oder, bei Genossenschaften mit weniger als dreissig Mitgliedern, mindestens drei Genossenschafter die Einberufung verlangen. Das Einberufungsrecht kann statutarisch erleichtert werden, da die 10%-Schranke in der Praxis häufig nur schwierig zu erreichen ist. Wichtig ist dabei, dass die Gleichbehandlung der Mitglieder gemäss Art. 854 OR gewahrt bleibt (CHK OR-Müller / Roberto, Art. 881 N. 5). Gleich wie in Art. 700 Abs. 2 OR für die AG vorgesehen, ist es sinnvoll, mit der Einberufung zeitgleich die Bekanntgabe der Verhandlungsgegenstände sowie die Anträge der Verwaltung bekanntzugeben. Dieses Erfordernis kann statutarisch festgesetzt werden. Die Statuten sehen die Form vor, in der die Generalversammlung einzuberufen ist. Mindesterfordernis ist, dass die Einberufung fünf Tage vor dem Versammlungstag stattzufinden hat (Art. 882 OR). |
Jedes Mitglied hat in der Generalversammlung bzw. der Urabstimmung eine Stimme.
Kommentar: Die Stimmkraft der einzelnen Genossenschafter bestimmt sich unabhängig der eingebrachten Leistung (Kapital, Arbeit, Herstellung von Kontakten etc.) des einzelnen Genossenschafters. Gemäss dem in Art. 885 OR festgeschriebenen Kopfstimmprinzip hat jeder Genossenschafter in der Generalversammlung oder in der Urabstimmung nur eine Stimme. Diese Regelung kann statutarisch nicht abgeändert werden. Eine Ausnahme stellen die Delegiertenversammlungen bei gewöhnlichen Genossenschaften dar, bei denen eine Gewichtung der Stimmkraft des einzelnen Genossenschafters statutarisch vorgesehen werden kann (Art. 892 Abs. 1 und 3 OR, für Genossenschaften mit mehr als 300 Mitgliedern, bei denen eine Delegiertenversammlung statutarisch vorgesehen ist). Auch bei Genossenschaften, die zwar nicht als Genossenschaftsverband konstituiert sind, aber dennoch mehrheitlich Genossenschaften als Mitglieder haben, ist, falls für sie eine Delegiertenversammlung statutarisch vorgesehen ist, eine Abstufung der Stimmkraft des einzelnen Delegierten möglich (Art. 892 Abs. 1 und 3 OR). Bei Genossenschaftsverbänden ist vorzusehen, wie viele Delegierte die angeschlossenen Genossenschaften stellen dürfen (Art. 922 Abs. 2 OR). Zudem kann statutarisch eine Gewichtung der Stimmen pro Genossenschafter vorgenommen werden (Art. 922 Abs. 3 OR). Zur Unterscheidung der verschiedenen Delegiertenversammlungen vgl. Natsch, S. 36 ff. Beschränkungen und Erweiterungen in der Ausübung des Stimmrechts i.S.v. Art. 833 Ziff. 7 OR sind somit für gewöhnliche Genossenschaften nicht im Hinblick auf die Stimmkraft der einzelnen Genossenschafter, sondern nur betreffend die Formalitäten möglich. Es kann statutarisch bspw. vorgeschrieben werden, dass Abstimmungen offen oder geheim durchgeführt werden oder dass das Recht auf Vertretung im Rahmen von Art. 886 OR abgeändert wird. Dieser Artikel besagt, dass ein Genossenschafter sich bei der Ausübung seines Stimmrechts in der Generalversammlung in jeder Genossenschaft durch einen anderen Genossenschafter vertreten lassen kann. Kein Bevollmächtigter kann hingegen mehr als einen Genossenschafter vertreten (Art. 886 Abs. 1 OR). Statutarisch kann vorgesehen werden, dass die Vertretung durch einen handlungsfähigen Familienangehörigen zulässig ist. Hat eine Genossenschaft mehr als 1'000 Mitglieder, so können die Statuten vorsehen, dass jeder Genossenschafter mehr als einen, höchstens aber neun andere Genossenschafter vertreten darf (Art. 886 Abs. 2 OR). |
Die Präsidentin bzw. der Präsident, im Verhinderungsfall die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident oder ein anderes von der Verwaltung bestimmtes Mitglied der Verwaltung hat den Vorsitz inne.
Soweit das Gesetz oder die Statuten es nicht anders bestimmen, fasst die Generalversammlung ihre Beschlüsse mit absolutem Mehr der abgegebenen Stimmen. Zur Auflösung mit Liquidation sowie für die Abänderung der Statuten bedarf es der Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen; für eine Auflösung ohne Liquidation gelten die fusionsgesetzlichen Mehrheitserfordernisse. Zur Einführung oder Vermehrung der persönlichen Haftung oder der Nachschusspflicht der Genossenschafter bedarf es der Zustimmung von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet bei Sachgeschäften die bzw. der Vorsitzende mit Stichentscheid. Die Wahlen und Abstimmungen an der Generalversammlung erfolgen offen, sofern nicht von mindestens einem Viertel der anwesenden Mitglieder eine geheime Abstimmung verlangt wird. Bei der Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder der Verwaltung haben Personen, die in irgendeiner Weise an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht. Kommentar: Die gesetzlich dispositive Ordnung in Art. 888 Abs. 1 OR sieht vor, dass die Generalversammlung ihre Beschlüsse mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst. Dies gilt auch für die Urabstimmung. Die Statuten und das Gesetz können aber andere Beschlussquoren vorgeben. Es besteht ferner keine gesetzliche Vorschrift, wonach in Generalversammlungen von Genossenschaften eine gewisse Anzahl von Genossenschaftern anwesend sein muss (sog. Präsenzquorum), damit diese beschlussfähig ist. Auch hier ist ein statutarisches Quorum allerdings möglich. Für Beschlüsse zur Statutenabänderung und zur Auflösung sind gesetzlich qualifizierte Beschlussquoren von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gesetzlich festgelegt (Art. 888 Abs. 2 OR). Bei Beschlüssen über die Einführung oder die Vermehrung der persönlichen Haftung oder der Nachschusspflicht der Genossenschafter ist ein Quorum von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (Art. 889 Abs. 1 OR; siehe zudem Art. 18 Abs. 1 lit. d FusG für einen Fusionsbeschluss). Bei diesen Quoren handelt es sich um gesetzliche Minima, welche durch Stimm- oder Präsenzquoren statutarisch nur erschwert, nicht aber erleichtert werden können (Hensel, S. 157; Henggeler, S. 103; a.A.: ZK OR-Gutzwiller, Art. 888 N. 12). Die Statuten können Beschlüsse zur Abberufung gemäss Art. 890 Abs. 1 OR einem speziellen Quorum unterstellen (vgl. Kapitel 9.2.2). Denkbar sind sowohl Beschluss- als auch Präsenzquoren sowie Kombinationen der beiden. Die Durchsetzung der Abberufung darf dadurch allerdings nicht schlechthin verunmöglicht werden, wobei im Einzelfall definiert werden muss, ob eine Verunmöglichung vorliegt (BGE 117 II 290 E. 7.a) aa) für die AG). Ist kein solches Quorum vorgesehen, so werden GV-Beschlüsse betreffend die Abberufung grundsätzlich mit dem absoluten Mehr der abgegebenen Stimmen gefasst. Nicht zulässig ist hingegen eine Statutenbestimmung, in der vorgesehen wird, dass gewisse Bestimmungen als unabänderlich zu gelten haben. Dies würde einen Verstoss gegen das Selbstbestimmungsrecht der Genossenschaft darstellen. Möglich ist aber ein Quorum, wonach für die Abänderung einer Statutenbestimmung sämtliche Genossenschafter einer solchen Abänderung zustimmen müssen (BSK OR II-Moll, Art. 880 N. 18). So kann bspw. betreffend die Zweckänderung statutarisch vorgesehen werden, dass diese nur bei der Zustimmung aller Genossenschafter zulässig ist (von Steiger, S. 117). Statutarisch kann vorgesehen werden, dass ein zu bestimmender Anteil der anwesenden Genossenschafter, wie vorliegend von einem Viertel der anwesenden Genossenschafter, eine geheime Abstimmung verlangen kann oder dass eine erneute Abstimmung über einen in der Generalversammlung zuvor gefassten Beschluss erfolgen soll Möglich, und wie hier vorgesehen, ist eine statutarische Vorschrift, wonach mittels Stichentscheides des Vorsitzenden der Generalversammlung darüber entschieden werden kann, ob ein Beschluss angenommen oder abgelehnt wird, bzw. wer gewählt wird (BSK OR II-Moll, Art. 880 N. 10). Wird kein Stichentscheid vorgesehen, so gilt in einer Pattsituation der Entscheid als nicht gefällt. Mittels eines Beschlusses kann die Generalversammlung einer Verwaltung bzw. einer Geschäftsführung Entlastung (Décharge) erteilen. Damit gibt sie ihr Recht auf das Erheben einer Verantwortlichkeitsklage betreffend alle ihr mitgeteilten bzw. die der Generalversammlung allgemein bekannten Sachverhalte rechtsgültig auf. Ob vom Beschluss bzw. den Beschlüssen die gesamte Verwaltung und die Geschäftsleitung im Kollektiv erfasst sind, oder die einzelnen Mitglieder einzeln entlastet werden, bestimmt sich gemäss dem Inhalt des Beschlusses, den Generalversammlungstraktanden und den Statuten, welche ein spezielles Vorgehen im Hinblick auf den Entlastungsprozess vorsehen können. |
1. Die Generalversammlung vollzieht ihre Wahlen, soweit es das Gesetz oder die Statuten nicht anders bestimmen, mit einfachem Mehr der abgegebenen Stimmen. Leere Stimmzettel, Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Ermittlung des einfachen Mehrs nicht mitgezählt.
2. Erreichen bei Wahlen mehrere Kandidaten das erforderliche Mehr, aber gleich viele Stimmen, so ist ein zweiter Wahlgang durchzuführen. Besteht auch dann noch Stimmengleichheit, hat der Vorsitzende den Stichentscheid. Vorbehalten bleiben Abs. 3. lit. e und Abs. 4. lit. e. 3. Offene Wahlen: Wahlen erfolgen grundsätzlich offen, vorbehalten bleibt die schriftliche Wahl gemäss Abs. 4. Das Wahlprozedere ist bei den offenen Wahlen wie folgt: a) Die Generalversammlung legt, soweit in Gesetz oder Statuten nicht abschliessend festgelegt, die Zahl der an dieser Versammlung zu besetzenden Sitze in offener Abstimmung gemäss Art. 20 fest. b) Es ergeht die Anfrage, ob (noch weitere) Wahlvorschläge gemacht werden. Diejenigen, die einen Wahlvorschlag gemacht haben, können diesen begründen und Wahlempfehlungen abgeben. Die Verwaltungs-Findungskommission begründet ggf. ihre Wahlempfehlung. Alle zur Wahl stehenden Kandidaten stellen sich der Versammlung kurz vor. c) Jeder Genossenschafter verfügt über maximal so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben sind und kann pro Kandidaten nur eine Stimme abgeben. d) Gewählt sind jene Kandidaten mit den meisten Stimmen, die mindestens das einfache Mehr gemäss Abs. 1 erreichen. Haben weniger Kandidaten als die Zahl der zu vergebenden Sitze oder kein Kandidat das einfache Mehr erreicht, finden weitere Wahlgänge statt, bei welchen jeweils der Kandidat mit der kleinsten Stimmenzahl ausscheidet, bis sämtliche zu vergebenden Sitze besetzt sind. Haben dabei mehrere Kandidaten gleich wenig Stimmen, entscheidet das Los, wer ausscheidet. Haben umgekehrt mehr Kandidaten als die Zahl der zu vergebenden Sitze das einfache Mehr erreicht, scheiden diejenigen mit der kleineren Stimmenzahl als überzählig aus. e) Haben für den letzten zu besetzenden Sitz mehrere Kandidaten gleich viele Stimmen, stellen sich diese einer Stichwahl. Endet auch die Stichwahl stimmengleich, entscheidet das Los (in Abweichung zu Abs. 2). 4. Schriftliche Wahlen: Die Generalversammlung kann auf Antrag und mit Unterstützung durch mindestens einen Drittel der anwesenden Genossenschafter beschliessen, die Wahlen der Verwaltung oder der Revisionsstelle schriftlich durchzuführen. Das Wahlprozedere ist bei den schriftlichen Wahlen wie folgt: a) Die Generalversammlung legt, soweit in Gesetz oder Statuten nicht abschliessend festgelegt, die Zahl der an dieser Versammlung zu besetzenden Sitze in offener Abstimmung gemäss Ziff. 3.1.5 fest. b) Es ergeht die Anfrage, ob (noch weitere) Wahlvorschläge gemacht werden. Diejenigen, die einen Wahlvorschlag gemacht haben, können diesen begründen und Wahlempfehlungen abgeben. Die Verwaltungs-Findungskommission begründet ggf. ihre Wahlempfehlung. Alle zur Wahl stehenden Kandidaten stellen sich der Versammlung kurz vor. c) Die Wahlen erfolgen mit Blankolisten. Jeder Genossenschafter kann maximal so viele Kandidaten auf seine Liste setzen, wie Sitze zu vergeben sind. Derselbe Name darf nur einmal aufgeführt werden. Listen mit mehr Kandidaten als die Zahl der zu besetzenden Sitze oder mit doppelt aufgeführten Kandidaten sind ungültig. d) Gewählt sind jene Kandidaten mit den meisten Stimmen, die mindestens das einfache Mehr gemäss Abs. 1 erreichen. Haben weniger Kandidaten als die Zahl der zu vergebenden Sitze oder kein Kandidat das einfache Mehr erreicht, finden weitere Wahlgänge statt, bei welchen jeweils der Kandidat mit der kleinsten Stimmenzahl ausscheidet, bis sämtliche zu vergebenden Sitze besetzt sind. Haben dabei mehrere Kandidaten gleich wenig Stimmen, entscheidet das Los, wer ausscheidet. Haben umgekehrt mehr Kandidaten als die Zahl der zu vergebenden Sitze das einfache Mehr erreicht, so scheiden diejenigen mit der kleineren Stimmenzahl als überzählig aus. e) Haben für den letzten zu besetzenden Sitz mehrere Kandidaten gleich viele Stimmen, stellen sich diese einer Stichwahl. Endet auch die Stichwahl stimmengleich, entscheidet das Los (in Abweichung zu Abs. 2). |
Die Generalversammlung wählt zur Leitung der Genossenschaft eine Verwaltung von mindestens 3 Mitgliedern. Die Mitglieder der Verwaltung müssen Genossenschaftsmit-glieder sein.
Ist an der Genossenschaft eine juristische Person, eine Handelsgesellschaft, eine Körperschaft oder eine Anstalt beteiligt, so ist sie als solche nicht als Mitglied der Verwaltung wählbar; dagegen können an ihrer Stelle ihre Vertreter gewählt werden. Variante: Die Verwaltung verfügt als Gremium über Kompetenzen und Kenntnisse insbesondere in folgenden Bereichen: a) [Bereich A] b) [Bereich B] c) [Bereich C] Die Amtsdauer der Verwaltungsmitglieder beträgt 4 Jahre; Wiederwahl ist möglich. Die Generalversammlung bestimmt die Präsidentin bzw. den Präsidenten, im Übrigen konstituiert sich die Verwaltung selbst. Sie wählt eine Vizepräsidentin bzw. einen Vizepräsidenten, und sie kann eine Sekretärin bzw. einen Sekretär wählen. Ein Sekretär bzw. eine Sekretärin muss nicht der Verwaltung angehören und muss nicht Genossenschaftsmitglied sein. Variante: Wird ein Verwaltungsmitglied kraft einer öffentlichen, politischen oder sonstigen Funktion in die Verwaltung gewählt, so hat es das Verwaltungsmandat mit dem Ausscheiden aus der Funktion im Interesse der Genossenschaft auf die nächstmögliche Generalversammlung zur Verfügung zu stellen. Kommentar: Die Verwaltung muss gemäss Art. 894 Abs. 1 OR aus mindestens drei Personen bestehen. Statutarisch kann eine höhere (Mindest)zahl festgesetzt werden. Die Mehrheit dieser Personen muss Genossenschafter sein. Die Amtsdauer der Mitglieder der Verwaltung beträgt höchstens vier Jahre (Art. 896 Abs. 1 OR). Sie kann statutarisch auch kürzer ausgestaltet werden. In den Statuten kann eine Wiederwahl ausgeschlossen werden. Wird dies nicht ausdrücklich gemacht, so ist eine Wiederwahl unbeschränkt viele Male möglich. |
Der Verwaltung obliegt die Oberleitung der Genossenschaft. In seine Kompetenz fallen alle Geschäfte, die nicht durch Gesetz oder Statuten einem anderen Organ vorbehalten sind, insbesondere:
1. die Erteilung der nötigen Weisungen; 2. die Festlegung der Organisation, bei Bedarf durch Erlass eines Organisationsre-glements und allfälliger Ausführungs-/Vollzugsreglemente; sie kann darin namentlich auch das Bilden von Verwaltungsausschüssen zur Prüfung, Vergütung, Nomination, Strategie- oder Positionierung, Corporate Governance, Compliance und/oder zur Ethik vorsehen; 3. der Erlass weiterer Reglemente bei Bedarf; 4. die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanz-planung; 5. die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung betrauten Personen; 6. die Bestimmung der zur Vertretung der Genossenschaft befugten Personen, wobei rechtsverbindlich nur kollektiv zu zweien gezeichnet werden kann; 7. die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen; 8. das Erstellen des Geschäftsberichts und der Jahresrechnung, des Lageberichts und der Konzernrechnung; 9. die Wahrung der Transparenz; 10. die Vorbereitung der Generalversammlung und Ausführung ihrer Beschlüsse; 11. die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung; 12. die Aufnahme und der Ausschluss von Mitgliedern, wobei sie die Beschlussfassung über die Aufnahme delegieren kann. Kommentar: In der Genossenschaft fehlt ein unentziehbarer Pflichtenkatalog der Verwaltung, wie er in Art. 716a OR für die Aktiengesellschaft vorgesehen ist. Der Pflichtenkatalog der AG kann statutarisch jedoch, wie vorliegend, übernommen werden. Die Verwaltung hat die Geschäfte der Genossenschaft mit aller Sorgfalt zu leiten und die genossenschaftliche Aufgabe mit besten Kräften zu fördern (Art. 902 Abs. 1 OR), soweit diese nicht einem Ausschuss oder einem anderen Organ ausdrücklich zugewiesen sind. Die Statuten können dazu einen Teil der Pflichten und Befugnisse der Verwaltung einem oder mehreren von dieser gewählten Verwaltungsausschüssen übertragen (Art. 897 OR). In der Praxis gibt es z.B. folgende Ausschüsse (vgl. Brechbühl / Lengauer / Nösberger, S. 33): - Prüfungsausschuss - Vergütungsausschuss - Nominationsausschuss - Strategie- oder Positionierungsausschuss - Corporate Governance-Ausschuss - Compliance Ausschuss - Ethikausschuss Die Statuten können die Generalversammlung oder die Verwaltung zudem ermächtigen, die Geschäftsführung oder einzelne Zweige derselben und die Vertretung an eine oder mehrere Personen, Geschäftsführer oder Direktoren zu übertragen, die nicht Mitglieder der Genossen- schaft zu sein brauchen (Art. 898 Abs. 1 OR). Die Aufsichtspflichten (Art. 902 Abs. 2 Ziff. 2 OR) und die Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung nach Art. 903 revOR sind allerdings nicht übertragbar. Der Verwaltung ist es zudem gestattet, ohne statutarische Basis ein Kollektivzeichnungsrecht zu zweien einzuführen (BSK OR II-Moll, Art. 898 N. 2). In den Statuten selbst kann die Ausgestaltung der Zeichnungsberechtigung aber auch genauer festgelegt werden. So können diese bspw. vorsehen, dass bei einer Kollektivunterzeichnung jeweils mindestens ein Mitglied der Verwaltung mitunterzeichnen muss. Möglich ist es auch, statutarisch der Generalversammlung die Kompetenz betreffend die Geschäftsführung oder bestimmte Geschäftsführungsaufgaben, bzw. die Kompetenz, selbständig eine Geschäftsführung zu bestellen, zukommen zu lassen. Als Richtlinie sollte in der Genossenschaft gelten, dass Geschäftsführung und Vertretung generell in die Kompetenz der Verwaltung fallen, während die Zuständigkeit in anderen Bereichen vermutungsweise bei der GV liegt (ZK OR–Gutzwiller, Art. 894 N. 5; a.A. Hensel, S. 103, welcher die Meinung vertritt, dass Pflichten, welche weder statutarisch noch gesetzlich ausdrücklich einem Organ zugeordnet sind, grundsätzlich bei der Generalversammlung zu verordnen sind). Nach dem Gesagten empfiehlt es sich, statutarisch zu klären, wer für die folgenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten zuständig ist (Brechbühl / Lengauer / Nösberger, S. 30): - die Geschäftsführung - die Bestimmung der Strategie und deren Weiterentwicklung - die Kontroll- und Überwachungsfunktionen - die Überprüfung der Strukturen und der Strategie - die Wahrung der Transparenz Statutarisch kann dies zweierlei gestaltet werden. Der Verwaltung können entweder - alle Aufgaben, die nicht der Generalversammlung oder der Revisionsstelle zufallen; oder - spezifische Aufgaben zugewiesen werden. Möglich ist auch eine Kombination der beiden Varianten, wie sie in den vorliegenden Musterstatuten gewählt wurde. Anzumerken ist, dass vom Begriff der Oberleitung, welcher in den vorliegenden Musterstauten verwendet wird, auch die Bestimmung und die Überprüfung der Strategie sowie die Kontroll- und Überwachungsfunktionen, erfasst werden. Wie die Verwaltung einer Genossenschaft sowie deren Beschlussfassung intern organisiert ist, ist gesetzlich nicht im Detail geregelt. Folgende Themen können in den Statuten deshalb in den Grundzügen vorgesehen und sollten in einem Organisationsreglement konkretisiert werden (vgl. Brechbühl / Lengauer / Nösberger, S. 34): - die Organisation der Ausschüsse der Verwaltung - die Organisation der Geschäftsführung - die Geschäfte, welche der Genehmigung durch die Verwaltung bedürfen - die Stichentscheidkompetenz des Präsidenten - die Rolle des Präsidenten und Aktuars |
Jedes Mitglied der Verwaltung kann Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.
In den Sitzungen sind alle Mitglieder der Verwaltung sowie die mit der Geschäftsführung betrauten Personen zur Auskunft verpflichtet. Ausserhalb der Sitzungen kann jedes Mitglied von den mit der Geschäftsführung betrauten Personen Auskunft über den Geschäftsgang und, mit Ermächtigung des Präsidenten, auch über einzelne Geschäfte verlangen. Soweit es für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, kann jedes Mitglied dem Präsidenten beantragen, dass ihm Bücher und Akten vorgelegt werden. Weist der Präsident ein Gesuch auf Auskunft, Anhörung oder Einsicht ab, so entscheidet die Verwaltung. Regelungen oder Beschlüsse der Verwaltung, die das Recht auf Auskunft und Einsichtnahme der Verwaltung erweitern, bleiben vorbehalten. Kommentar: Es handelt sich vorliegend um die Informationsrechte der Verwaltung, welche im Aktienrecht gesetzlich in Art. 715a OR verankert sind, und deren Aufnahme in die Statuten einer Genossenschaft empfohlen wird; zwingend ist eine solche Aufnahme in die Statuten allerdings nicht. |
Die Verwaltung versammelt sich auf Einladung der Präsidentin bzw. des Präsidenten so oft es die Geschäfte erfordern oder wenn ein Verwaltungsmitglied oder die Revisionsstelle das Begehren auf Einberufung stellt, jedoch mindestens zweimal im Jahr. Sofern kein Verwaltungsmitglied die Einberufung einer physischen Sitzung verlangt, kann die Verwaltung Beschlüsse auch auf dem Zirkularweg fällen (elektronisch oder postalisch).
Die Präsidentin bzw. der Präsident, im Verhinderungsfall die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident oder ein anderes von der Verwaltung bestimmtes Verwaltungsmitglied hat den Vorsitz inne.
Die Verwaltung ist beschlussfähig, wenn mindestens 3 Mitglieder anwesend sind bzw. in einem Zirkularverfahren sich mindestens die Hälfte der Verwaltungsmitglieder innert der gesetzten Frist geäussert hat.
Beschlüsse werden mit absolutem Mehr der abgegebenen Stimmen gefasst. Die bzw. der Vorsitzende hat den Stichentscheid. Bei Wahlen entscheidet im Falle von Stimmengleichheit das Los.
Über die Geschäfte der Verwaltung wird ein Protokoll geführt, das mindestens die Beschlüsse festhält.
Die Verwaltung führt die Geschäfte der Genossenschaft mit aller Sorgfalt und fördert die genossenschaftliche Aufgabe mit besten Kräften.
Die Verwaltung ist ermächtigt, die Geschäftsführung oder einzelne Zweige derselben nach Massgabe eines Organisationsreglements an Verwaltungsausschüsse oder an eine Geschäftsleitung bestehend aus einer oder mehreren Personen zu übertragen; die Mitglieder der Geschäftsleitung müssen nicht Genossenschaftsmitglieder sein.
Die mit der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder mit der Liquidation befassten Personen sind sowohl der Genossenschaft als den einzelnen Genossenschaftern und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen.
Wer die Erfüllung einer Aufgabe befugterweise einem anderen Organ überträgt, haftet für den von diesem verursachten Schaden, sofern er nicht nachweist, dass er bei der Auswahl, Unterrichtung und Überwachung die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat. Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist. Kommentar: Das den Genossenschaften eigene Verantwortlichkeitsrecht ist in den Art. 916 ff. OR zu finden. Die Regelung der Verantwortlichkeit wurde in Art. 916 und 917 OR für gewöhnliche Genossenschaften insgesamt etwas weniger streng ausgestaltet als in Art. 754 OR für die Aktiengesellschaft, damit es dennoch möglich sei, tüchtige Persönlichkeiten für diese Ämter zu finden. Namentlich ist die Klagelegitimation in der Genossenschaft eingeschränkter (vgl. dazu Ehlebracht, S. 22 und 40 ff.). Eine Aufnahme der aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsvorschriften in die Statuten ist aber möglich. Sie hat namentlich zur Folge, dass der Kreis der verantwortlichen Personen auch gegenüber Genossenschaftern und Gläubigern für den Schaden verantwortlich ist, der aus der absichtlichen oder fahrlässigen Verletzung all ihrer Pflichten, und nicht nur derjenigen, welche für den Fall der Überschuldung aufgestellt wurden, entstanden ist. Der Entscheid über die Anhebung einer Verantwortlichkeitsklage gehört zu den Geschäftsführungsaufgaben, welche bei der Verwaltung verordnet sind und nicht bei der Generalversammlung (Blickenstorfer, S. 96 ff.). Diese ist somit auch für den Entscheid zum Erheben einer Verantwortlichkeitsklage zuständig. In der Genossenschaft fehlt ein nicht delegierbarer Pflichtenkatalog der Verwaltung wie er für die Aktiengesellschaft in Art. 716a OR vorliegt. Die Entscheidungskompetenz zur Anhebung einer Verantwortlichkeitsklage sowie die Vertretung in dieser Aufgabe ist deshalb auch (statutarisch) delegierbar und kein höchstpersönliches Recht der Verwaltung. In den Statuten kann die Geschäftsführungskompetenz der Verwaltung betreffend das Erheben von Verantwortlichkeitsklagen somit auch rechtsgültig entzogen und allein bei der Generalversammlung verordnet werden (Art. 833 Ziff. 6 OR). Soll gegen die Verwaltung als Kollektiv eine Verantwortlichkeitsklage erhoben werden, so ist hingegen zwingend immer auch die Generalversammlung zu diesem Entscheid berechtigt. Dies gilt selbst dann, wenn ihr gemäss den Statuten diese Kompetenz nicht ausdrücklich zukommt (Blickenstorfer, S. 98). Zusätzlich sollte der Generalversammlung, unabhängig von statutarischen Bestimmungen, die Möglichkeit zustehen, der Verwaltung mittels eines Generalversammlungsbeschlusses die Weisung erteilen zu können, eine Verantwortlichkeitsklage gegen einzelne Mitglieder der Verwaltung oder der Geschäftsführung zu erheben (Blickenstorfer, S. 98). Inhalt dieser Weisung wären der Kreis der ins Recht zu fassenden Personen als auch eine Skizzierung der Umstände, aufgrund derer geklagt werden soll (Ehlebracht, S. 58). |
Die Genossenschaft lässt ihre Jahresrechnung ordentlich prüfen.
Variante 1: Die Genossenschaft nimmt die Revision gemäss den für sie geltenden, gesetzlichen Vorschriften vor. Variante 2: Die Genossenschaft verzichtet auf die eingeschränkte Revision. Kommentar: Im Genossenschaftsrecht gelten im Grundsatz dieselben Vorschriften für die Revision wie im Aktienrecht (Art. 906 Abs. 1 OR mit Verweis auf Art. 727 ff. OR). Demnach müssen Genossenschaften, deren Bilanzsumme zwei der nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreiten (Bilanzsumme von 20 Millionen Franken; Umsatzerlös von 40 Millionen Franken; 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt), oder die zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind, eine ordentliche Revision der Jahresrechnung durch eine Revisionsstelle vornehmen lassen. Gleiches können 10 Prozent der Genossenschaft, Genossenschafter, die zusammen mindestens 10 Prozent des Anteilscheinkapitals vertreten und/oder Genossenschafter, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen, verlangen (Art. 906 Abs. 2 OR). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so muss die Gesellschaft ihre Jahresrechnung durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen. Ist keine ordentliche Revision der Jahresrechnung verlangt, so können die Statuten, wie vorliegend, vorsehen oder kann die Generalversammlung beschliessen, dass die Jahresrechnung ordentlich geprüft wird (Art. 906 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 727 Abs. 3 OR). Mit der Zustimmung sämtlicher Genossenschafter kann selbst auf die eingeschränkte Revision verzichtet werden, wenn die Gesellschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat (Art. 906 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 727a Abs. 2 OR). |
Die Generalversammlung wählt eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Revisionsstelle. Die Revisionsstelle hat die gesetzlichen Anforderungen an Unabhängigkeit und fachliche Befähigung zu erfüllen.
Die Amtsdauer der Revisionsstelle beträgt ein Jahr, das Amt läuft jeweils mit Abnahme der entsprechenden Jahresrechnung ab. Wiederwahl ist möglich. Der Revisionsstelle stehen die gesetzlich und die statutarisch festgehaltenen Rechte und Pflichten zu. Die gesetzlichen Pflichten richten sich nach den Vorschriften zum Aktienrecht. Die Revisionsstelle nimmt an der Generalversammlung teil, an welcher der Geschäftsbericht und die Jahresrechnung, ggf. der Lagebericht und die Konzernrechnung zu genehmigen sind. |
Alle mit der Prüfung der Jahresrechnung, der Gründung, der Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung befassten Personen sind sowohl der Genossenschaft als auch den einzelnen Genossenschaftern und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen.
4 Genossenschaftskapital, Finanzierung, Reinertrag & Haftung
Kommentar als Vorbemerkung:
Eine Reihe von Bestimmungen müssen zu ihrer Gültigkeit in die Statuten aufgenommen werden (Art. 833 OR). Von den Vorschriften, welche die Vermögenswerte betreffen, gilt dies für die folgenden:
- Vorschriften über die Schaffung eines Genossenschaftskapitals durch Genossenschaftsanteile (Anteilscheine);
- Bestimmungen über nicht durch Einzahlung geleistete Einlagen auf das Genossenschaftskapital (Sacheinlagen), deren Gegenstand und deren Anrechnungsbetrag, sowie über die Person des einlegenden Genossenschafters;
- Bestimmungen über Vermögenswerte, die bei der Gründung übernommen werden, über die hierfür zu leistende Vergütung und über die Person des Eigentümers der zu übernehmenden Vermögenswerte; (Anmerkung: diese Bestimmung wird mit der beschlossenen und demnächst in Kraft tretenden Revision aufgehoben)
- Bestimmungen über die persönliche Haftung und die Nachschusspflicht der Genossenschafter und eine Verpflichtung der Genossenschafter zu Geld- oder anderen Leistungen sowie die Art und Höhe der entsprechenden Leistungen; (Anmerkung: der kursiv gedruckte Teil wird mit der beschlossenen und demnächst in Kraft tretenden Revision ergänzt)
- Bestimmungen über die Berechnung und die Verwendung des Bilanzgewinns und des Liquidationsüberschusses
Genossenschaftskaptial, Anteilsscheine
Die Genossenschaft hat durch Genossenschaftsanteile ein Genossenschaftskapital geschaffen.
Ein Genossenschaftsanteil weist einen Nennwert von CHF [Nennwert] auf. Die Anteilscheine werden auf den Namen des Mitglieds ausgestellt und von der Präsidentin bzw. vom Präsidenten und einem weiteren Mitglied der Verwaltung unterzeichnet. Die Genossenschaft kann an Stelle von Anteilscheinen Zertifikate über einzelne oder mehrere Anteilscheine ausgeben. Die Anteilscheine dienen als Beweisurkunden, stellen aber keine Wertpapiere dar. Sie sind weder übertragbar noch vererbbar.
Variante:
Die Genossenschaft verzichtet auf den Druck von Anteilscheinen. Jedes Mitglied erhält eine schriftliche Bestätigung über die von ihm gezeichneten Anteilscheine und bezahlten Einlagen. Die Bestätigungen dienen als Beweisurkunden, stellen aber keine Wertpapiere dar; die Bestätigungen bzw. die darin verbrieften Anteilsrechte sind weder übertrag- noch vererbbar.
Kommentar:
Es ist grundsätzlich möglich, dass Genossenschaftsanteile übertragbar sein können. Dies muss statutarisch so vorgesehen werden. Bei Genossenschaften mit Genossenschaftsanteilen, welche übertragen werden können, bewirkt die Abtretung des Genossenschaftsanteils bzw. die Übertragung der Urkunde aber noch keinen Mitgliedschaftswechsel. Auch wenn keine Genossenschaftsanteile bestehen, kann ein Mitglied seine Mitgliedschaftsstellung nicht unilateral an einen Dritten übertragen. Erst ein dem Gesetz und den Statuten entsprechender Aufnahmebeschluss führt zur Genossenschafterstellung der übernehmenden Person (Art. 849 Abs. 1 OR). Die Statuten dürfen also auch nicht vorsehen, dass jeder Erwerb eines Anteils durch die reine Übertragung von Anteilen zur Begründung einer Mitgliedschaft führt. Zumindest eine Beitrittserklärung des eintrittswilligen Genossenschafters muss statutarisch gefordert werden, damit ein Beitrittsrecht des Eintrittswilligen begründet werden kann (BGE 53 II 289 E. 1; Art. 840 Abs. 3 OR). Die gesetzlich dispositive Ordnung sieht vor, dass die Verwaltung über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet. Ebenfalls statutarisch vorgesehen werden kann aber auch, dass die Generalversammlung über die Aufnahme zu beschliessen hat. Anzumerken bleibt, dass selbst wenn ein Beitrittsrecht besteht, dies dennoch nicht klagbar ist (BGE 98 II 221 E. 5). Einzig bei der Verknüpfung der Genossenschafterstellung mit einem Vertrag ist statutarisch ein derivativer Mitgliedschaftserwerb durch Übernahme des Vertrags (nota bene: nicht der Genossenschaftsanteile) grundsätzlich möglich (Art. 849 Abs. 3 OR). Es ist mit der herrschenden Lehre davon auszugehen, dass dies lediglich bei Versicherungsgenossenschaften möglich ist (BSK OR II-Nigg, Art. 849 N. 7).
Statutarisch kann zudem vorgesehen werden, dass mit der Veräusserung der Genossenschaftsanteile der automatische Verlust der Mitgliedschaftsrechte einhergeht (BeKo OR-Forstmoser, Art. 849 N. 5).
Die Verwaltung setzt jeweils per 1. November den Ausgabebetrag pro Anteilschein für das folgende Geschäftsjahr fest. Der Ausgabebetrag setzt sich aus dem Nennwert und einem allfälligen Aufgeld zusammen (Agio).
Anteilscheine werden erst ausgehändigt, nachdem der gesamte Ausgabebetrag bei der Genossenschaft eingegangen ist. [Achtung: Diesen Abschnitt nur aufnehmen, wenn Anteilscheine ausgegeben werden].
Variante 1:
Die Genossenschaft übernimmt anlässlich der Gründung von [Name einer Gesellschaft] in [Ort], UID CHE-[Nummer], gemäss Sacheinlagevertrag vom [Datum] [Anzahl] Namenaktien von je CHF 1'000.00 nominell an der [Gesellschaft] in [Ort], UID CHE-[Nummer]. Der Sacheinleger erhält hierfür [Zahl] Anteilscheine von je CHF [Zahl] nominell, total somit CHF [Zahl] zugewiesen.
Variante 2:
Die Genossenschaft beabsichtigt, nach ihrer Gründung von [Name einer juristischen / natürlichen Person], in [Ort], UID CHE-[Nummer], Aktiven und Passiven gemäss einem noch abzuschliessenden Vertrag und noch zu erstellenden Inventar zum Preis von höchstens CHF [Zahl] zu übernehmen.
Die Genossenschaft finanziert sich durch:
1. Einlagen der Mitglieder und ein allfälliges Agio; 2. erarbeitete Mittel; 3. Darlehen; 4. Spenden, Schenkungen und Legate; 5. Subventionen und andere Beiträge der öffentlichen Hand; 6. verfallene Anteile; 7. das verfallene Agio; 8. Zinsen und Erträge aus dem Genossenschaftsvermögen. Kommentar: In der Genossenschaft bestehen weitere Möglichkeiten, die Mitglieder zur Leistung finanzieller Beiträge zu verpflichten. So können statutarisch bspw. eine Beitrittsgebühr, ein jährlicher Mitgliederbeitrag, eine fixe Benutzungsgebühr für die von der Genossenschaft zur Verfügung gestellte Infrastruktur oder eine variable Benutzungsgebühr mithilfe von in den Statuten zu bestimmenden Kostentreibern (wie bspw. Anzahl Kilogramm hergestellter Käse, Anzahl bezogener Kilowattstunden Elektrizitiät pro Jahr etc.) für genossenschaftliche Einrichtungen festgelegt werden. Ebenfalls denkbar sind an die Genossenschaft zu leistende Kick-Backs für mithilfe der genossenschaftlichen Einrichtungen erwirtschaftete Gewinne. |
Von einem allfälligen Reinertrag sind vorab jährlich 20 % dem gesetzlich vorgesehenen Reservefonds (Art. 860 OR) zuzuweisen, bis der Reservefonds einen Fünftel des Genossenschaftskapitals ausmacht.
Die Generalversammlung kann die Bildung von weiteren Reserveanlagen beschliessen.
Über die Verwendung eines allfälligen nach Äufnung der gesetzlichen und statutarischen Reserven verbleibenden Reinertrages beschliesst die Generalversammlung auf Antrag der Verwaltung.
Über die Ausrichtung von Tantiemen an Organe und / oder von Dividenden auf den Genossenschaftsanteilen bestimmt die Generalversammlung. Sie berücksichtigt dabei die gesetzlichen Voraussetzungen (vgl. Art. 859 Abs. 3 OR). Kommentar: Art. 859 Abs. 1 OR sieht vor, dass ein Reinertrag aus dem Betrieb der Genossenschaft in seinem ganzen Umfang in das Genossenschaftsvermögen fällt. Es kann in den Statuten aber auch eine Ausschüttung dieses Betrags an die Genossenschafter vorgesehen werden. Damit Bestimmungen über die Berechnung und die Verwendung des Reinertrages und des Liquidationsüberschusses in einer Genossenschaft Gültigkeit erlangen, müssen sie in den Statuten (Art. 833 Ziff. 8 OR) verankert werden. Sehen diese keinen genaueren Verteilschlüssel vor, richtet sich die Verteilung nach dem Masse der Benützung der genossenschaftlichen Einrichtungen durch die einzelnen Mitglieder (Art. 859 Abs. 2 OR). Bestehen Anteile, so ist die auf sie entfallende Quote des Reinertrags durch den landesüblichen Zinsfuss für langfristige Darlehen ohne besondere Sicherheiten gedeckelt (Art. 859 Abs. 3 OR). Für Kreditgenossenschaften gilt diese Deckelung gemäss Art. 861 Abs. 1 und 3 OR indessen nicht. Ein verfügbarer Reinertrag kann nur bestehen, insofern ein Bilanzüberschuss in der Genossenschaft vorliegt. Der nach einem Betriebsjahr verfügbare Reinertrag setzt sich aus dem Gewinn des Betriebs in jenem Jahr, gegebenenfalls nach Abzug eines Verlustvortrags oder unter Hinzurechnung eines Gewinnvortrags aus dem Vorjahr, und allfälligen allgemeinen Reserven inklusive der gesetzlichen Reserven, welche die Hälfte des übrigen Genossenschaftsvermögens oder des Anteilkapitals (=Genossenschaftskapitals) übersteigen (Art. 860 Abs. 3 OR), zusammen. Sehen die Statuten vor, dass der Reinertrag in anderer Weise als zur Äufnung des Genossenschaftsvermögens verwendet wird, so ist davon jährlich ein Zwanzigstel einem Reservefonds zuzuweisen. Diese Zuweisung hat während mindestens 20 Jahren zu erfolgen. Wenn Anteilscheine bestehen, hat die Zuweisung auf alle Fälle so lange zu erfolgen, bis der Reservefonds einen Fünftel des Genossenschaftskapitals ausmacht. Statutarisch kann aber auch eine weitergehende Äufnung des Reservefonds vorgeschrieben werden. Kreditgenossenschaften können gemäss Art. 861 OR in den Statuten von den Bestimmungen in Art. 859 – Art. 860 OR abweichende Vorschriften über die Verteilung des Reinertrages erlassen. Auch sie sind jedoch gehalten, einen Reservefonds zu bilden und diesen bestimmungsgemäss zu verwenden. Statutarisch können gemäss Art. 861 OR zudem Fonds zur Gründung und Unterstützung von Wohlfahrtseinrichtungen für Angestellte und Arbeiter des Unternehmens sowie für Genossenschafter vorgesehen werden. Diese Möglichkeit hat unterdessen aufgrund des vielfältigen Instrumentariums der Personalvorsorge aber weitgehend an Bedeutung verloren. |
Für ihre Verbindlichkeiten haftet die Genossenschaft nur mit dem Genossenschaftsvermögen. Die persönliche Haftung der Mitglieder ist ausgeschlossen. Es besteht auch keine Pflicht zur Leistung von Nachschüssen.
Kommentar: Die Haftung von Genossenschaftern Art. 868 OR sieht vor, dass für die Verbindlichkeit der Genossenschaft ausschliesslich das Genossenschaftsvermögen haftet. Gemäss Art. 869 Abs. 1 OR können die Statuten, ausgenommen bei konzessionierten Versicherungsgenossenschaften, die Bestimmung aufstellen, dass nach dem Genossenschaftsvermögen die Genossenschafter persönlich unbeschränkt haften. In diesem Falle haften gemäss Art. 869 Abs. 2 OR, soweit die Gläubiger im Genossenschaftskonkurse zu Verlust kommen, die Genossenschafter für alle Verbindlichkeiten der Genossenschaft solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftung wird bis zur Beendigung des Konkurses durch die Konkursverwaltung geltend gemacht. Weiter können gemäss Art. 870 Abs. 1 OR die Statuten die Bestimmung aufstellen, dass die Genossenschafter über die Mitgliederbeiträge und Genossenschaftsanteile hinaus für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nach dem Genossenschaftsvermögen persönlich, jedoch nur bis zu einem bestimmten Betrage haften. Erneut ausgenommen sind die konzessionierten Versicherungsgenossenschaften. Bestehen Genossenschaftsanteile, so ist der Haftungsbetrag für die einzelnen Genossenschafter nach dem Betrag ihrer Genossenschaftsanteile zu bestimmen. Das heisst, dass diejenigen Genossenschafter mit höheren oder mehr Genossenschaftsanteilen verhältnismässig umfangreicher haften als diejenigen mit weniger oder tieferen Genossenschaftsanteilen. Denkbar sind grundsätzlich unterschiedliche Haftungsumfänge. So kann in den Statuten festgeschrieben werden, dass jeder Genossenschafter prozentual für die von ihm gehaltene Anteilsumme, für einen bestimmten Betrag pro Kopf oder für eine bestimmte Summe pro Anteilschein haftet. Hinzuweisen bleibt auch in diesem Zusammenhang auf das Gleichbehandlungsgebot gegenüber den Genossenschaftern. Bestimmungen in den Statuten, welche die Haftung auf bestimmte Zeit, auf besondere Verbindlichkeiten oder auf einzelne Gruppen von Mitgliedern beschränken, sind gemäss Art. 872 OR ungültig. Art. 875 OR sieht vor, dass wer in eine Genossenschaft mit persönlicher Haftung der Genossenschafter eintritt, gleich den anderen Genossenschaftern auch für die vor seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten haftet. Eine entgegenstehende Bestimmung der Statuten oder Verabredung unter den Genossenschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung. Allerdings können statutarisch oder vertraglich zwischen Genossenschaftern interne Abmachungen getroffen werden, wonach dem später gegenüber dem früher eingetretenen Genossenschafter nach Beendigung des Konkursverfahrens ein Rückgriffsanspruch zusteht (BSK OR II-Nigg, Art. 875 Rz. 2). Wenn ein unbeschränkt oder beschränkt haftender Genossenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, dauert die Haftung für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genossenschaft innerhalb eines Jahres oder einer statutarisch festgesetzten längern Frist seit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister in Konkurs gerät. Die Nachschusspflicht Unabhängig von den Haftungsbestimmungen können gemäss Art. 870 Abs. 1 OR Genossenschafter statutarisch zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet werden, die jedoch nur zur Deckung von Bilanzverlusten dienen dürfen. Im Gegensatz zur Haftung ist bei der Nachschusspflicht aber nicht der Gläubiger, sondern die Genossenschaft forderungsberechtigt. Art. 870 Abs. 2 OR sieht vor, dass die Nachschusspflicht unbeschränkt sein kann, sie aber statutarisch auch auf bestimmte Beträge oder im Verhältnis zu den Mitgliederbeiträgen oder den Genossenschaftsanteilen beschränkt werden kann. Bestimmungen in den Statuten, welche die Nachschusspflicht auf bestimmte Zeit, auf besondere Verbindlichkeiten oder auf einzelne Gruppen von Mitgliedern beschränken, sind ungültig (BSK OR II-Nigg, Art. 872 Rz. 3). Enthalten die Statuten keine Bestimmungen über die Verteilung der Nachschüsse auf die einzelnen Genossenschafter, so richtet sich diese nach dem Betrag der Genossenschaftsanteile oder, wenn solche nicht bestehen, nach Köpfen. Art. 875 OR sieht vor, dass wer in eine Genossenschaft mit Nachschusspflicht der Genossenschafter eintritt, gleich den anderen Genossenschaftern auch für die vor seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten haftet. Eine entgegenstehende Bestimmung der Statuten oder Verabredung unter den Genossenschaftern hat Dritten gegenüber keine Wirkung. Allerdings können statutarisch zwischen Genossenschaftern interne Abmachungen getroffen werden, wonach dem später gegenüber dem früher eingetretenen Genossenschafter nach Beendigung des Konkursverfahrens ein Rückgriffsanspruch zusteht (BSK OR II-Nigg, Art. 875 Rz. 2). |
5 Übergangs- & Schlussbestimmungen
Die Buchführung hat nach kaufmännischen Grundsätzen zu erfolgen. Massgebend sind die Art. 957 – 960e OR sowie die branchenüblichen Grundsätze. Das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.
Mitteilungen an die Mitglieder erfolgen auf elektronischem Weg oder durch Brief. Die Mitglieder sind verpflichtet, der Verwaltung Änderungen ihrer elektronischen oder postalischen Adresse zu melden. Die Genossenschaft versendet ihre Mitteilungen mit befreiender Wirkung an die jeweils letzte ihr bekannt gegebene Adresse.
Publikationsorgan gegenüber Dritten in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen ist das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB).
Bei Auflösung der Genossenschaft besorgt die Verwaltung deren Liquidation; sie kann Dritte mit der Durchführung beauftragen.
Für die Durchführung der Liquidation gelten die Bestimmungen des Aktienrechts (Art. 739 ff.) sinngemäss [Variante: mit folgenden Vorbehalten:
- eine vollständige (maximal zum Nennwert) oder teilweise Rückzahlung der Anteile muss von der Generalversammlung im Rahmen und mit dem Quorum für die Auflösung der Genossenschaft beschlossen worden sein; jeder darüberhinausgehende Rückfall von Genossenschaftsvermögen an die Mitglieder oder an deren Rechtsnachfolger ist ausgeschlossen;
- ein allfälliger Liquidationserlös ist durch die Verwaltung einer anderen wegen Gemeinnützigkeit oder Verfolgung eines öffentlichen Zwecks von der Steuerpflicht befreiten juristischen Person mit Sitz in der Schweiz und mit verwandtem Zweck wie die aufgelöste Genossenschaft zu übertragen.
Ein allfälliger Liquidationserlös, der nach Rückzahlung sämtlicher Genossenschaftsanteile zum Nennwert verbleibt, ist vollumfänglich auf […] zu übertragen, welche den Zweck verfolgen, dauerhaft den Bedarf an Wohnraum zu tragbaren finanziellen Bedingungen zu decken.
Themenkreis Wirkungsverankerung:
Genossenschaften können für unbegrenzte Zeit oder für eine beschränkte Dauer gegründet werden.
In den Statuten steht den Genossenschaftern gemäss Art. 911 OR auch die Möglichkeit offen, spezifische Auflösungsgründe zu bestimmen. Genannt seien exemplarisch die folgenden Regelungsmöglichkeiten:
- Es kann in den Statuten festgesetzt werden, dass beim Erreichen des statutarischen Zweckes die Genossenschaft aufgelöst werden soll.
- Die Statuten einer Genossenschaft können bereits zum Zeitpunkt der Gründung oder auch später als Auflösungsgrund den Ablauf einer zum Voraus festgelegten Dauer der Genossenschaft festsetzen (BSK OR II-Stäubli, A 911 Rz. 2).
- Es kann statutarisch festgehalten werden, dass jeweils anlässlich der jährlichen Generalversammlung darüber abgestimmt werden soll, ob die Genossenschaft fortgeführt oder aufgelöst werden soll.
Dabei kann beispielsweise statutarisch vorgesehen werden, dass die Genossenschafter in ihre Abstimmungsentscheidung das Kriterium des zweckmässigen, und, falls im Zweck die Wirkung verankert wurde, wirkungsorientierten Handelns während des letzten Geschäftsjahrs miteinbeziehen müssen. Im Rahmen der Beratung in der Generalversammlung werden somit Zweck- und Wirkungsorientierung zu einem relevanten Diskussionspunkt. Die Verwaltung wird durch diese verpflichtende Abstimmung zudem konkret dazu angehalten, sich nahe am Zweck zu orientieren, andernfalls eine Auflösung droht.
Die Möglichkeit, die Genossenschaft nach einer bestimmten oder bestimmbaren Zeit aufzulösen, und dies gegebenenfalls von der tatsächlichen Wirkungsorientierung der Genossenschaft abhängig zu machen, verschafft der Wirkungsorientierung im Zweck zusätzliche Nachachtung. Durch die jährlich stattfindende Generalversammlung verbunden mit dem Abstimmungserfordernis über die Fortführung der Genossenschaft werden die Genossenschafter, welche aufgrund ihrer Treuepflicht gegenüber der Genossenschaft zur Verfolgung des genossenschaftlichen Zwecks verpflichtet sind, immer wieder dazu angehalten, sich zu überlegen und darüber zu entscheiden, ob die Genossenschaft sich zweck- und wirkungsorientiert verhält. Gestützt auf diese Überlegungen müssen die Genossenschafter darüber entscheiden, ob der Genossenschaft weiterhin eine Fortführungsberechtigung zukommt. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass die alljährliche Abstimmung über die Auflösung der Genossenschaft nicht in tatsächlicher Weise Anlass zu einer Diskussion gibt, sondern vielmehr zu einer "Übung" wird. Statutarisch könnte folglich auch festgehalten werden, dass die Abstimmung betreffend die Fortführung der Genossenschaft nur alle zwei bis fünf Jahre stattfinden soll.
Kommentar:
Der Auflösungsbeschluss fällt in die Kompetenz der Generalversammlung, sofern nicht eine zum Voraus festgelegte Dauer zur Auflösung der Genossenschaft führen soll. Art. 888 Abs. 2 OR verlangt für die Auflösung eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Dieses Quorum kann erhöht, nicht aber gesenkt werden.
Nachdem sämtliche Schulden (inkl. Abfindungsansprüche ausscheidender Genossenschafter) getilgt und allfällige Genossenschaftsanteile zurückbezahlt wurden, kann das Vermögen der aufgelösten Genossenschaft unter die Genossenschafter verteilt werden, sofern die Statuten eine solche Verteilung vorsehen. Schreiben die Statuten keinen anderen Verteilschlüssel vor, so erfolgt die Verteilung unter die zur Zeit der Auflösung vorhandenen Genossenschafter oder ihre Rechtsnachfolger nach Köpfen. Dies bedeutet, dass jeder Genossenschafter, unabhängig eines allfällig bereits zurückerstatteten Anteilscheins, gleich viel vom Liquidationsüberschuss erhält. Sehen die Statuten hinsichtlich der Verteilung unter die Genossenschafter nichts anderes vor, so ist das verbleibende Vermögen der aufgelösten Genossenschaft allerdings zu genossenschaftlichen Zwecken oder für die Förderung gemeinnütziger Bestrebungen zu verwenden und nicht an die Genossenschafter auszuschütten. Die Generalversammlung entscheidet, wenn die Statuten es nicht anders ordnen, darüber, wie bzw. wofür die Mittel zu verwenden sind (Art. 813 Abs. 5 OR), wobei ihr der Entscheid, den Liquidationserlös (vorbehaltlich einer vorherigen Statutenänderung) an die Genossenschafter auszuschütten, nicht mehr offensteht.
[Achtung: nur in Statuten aufnehmen, falls es sich um eine Wohnbaugenossenschaft handelt.]
Jede beabsichtigte Änderung der vorliegenden Statuten bedarf der Genehmigung durch das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO). |
Diese Statuten sind an der Gründungsversammlung vom [Datum] angenommen worden.
Hier können die Musterstatuten heruntergeladen werden.
Folgendes sind Genossenschaften, welche zum SENS-Netzwerk gehören und welche die Wirkungsorientierung in ihrem Zweck verankern. Hier kannst du dich beim Verfassen des Genossenschaftszwecks inspirieren lassen.

Die Genossenschaft bezweckt in gemeinsamer Selbsthilfe das möglichst umweltfreundliche Erbringen und Koordinieren von Kurier-, Nachrichten-, Transport- und Logistikdienstleistungen im In- und Ausland.

Zweck der Genossenschaft ist ein landwirtschaftlich orientiertes Kollektiv, das durch einen Zusammenschluss von Produzentinnen und Konsumentinnen auf Basis einer Vertragslandwirtschaft selbst verwaltet, gestaltet und geführt wird, um die GenossenschafterInnen mit ihren eigenen Produkten zu versorgen. Der Anbau erfolgt nach den Erkenntnissen und Richtlinien der BioSuisse.
Autor und Urheber des Statutenbaukastens, sowie der Kommentare ist:
David F. Ehlebracht, Rechtsanwalt M.A. HSG in Law
Associate bei Nater Dallafior Rechtsanwälte AG